St. Bonifatius Wiesbaden

„… auf die Welt gekommen.“

Gemeindebrief, Theologie SpiritualitätPhilippe Jaeck
BD-Klaus Nebel-20151123-IMG_7897.jpg

Zum frohen Ereignis der Geburt eines Menschen verwenden wir gerne den Ausdruck „Ein Kind ist zur Welt gekommen“. Eine schöne Formulierung. Mit ihr verbinden wir die Freude über ein neugeborenes Kind und darüber, dass mit jedem Menschen, der zur Welt gekommen ist, diese etwas weniger einsam geworden ist und wir uns als Beschenkte erfahren dürfen. Dabei lässt dieses Wort aufhorchen „Ein Kind ist auf die Welt gekommen“. Denn dann könnte man ja fragen: Wo war es denn vorher? Von wo ist es gekommen? Gewiss möchten wir sagen, dass es aus der Liebe seiner Eltern hervorgegangen ist, im Leib seiner Mutter gewachsen ist und mit seiner Geburt in unsere Welt und unser Miteinander neu eingetreten ist. Und mindestens vom Glauben her sagen wir, dass Gott jedem Menschen ganz von Anbeginn seines Lebens eine unverwechselbare und unsterbliche Seele geschenkt hat. Aber ein eigentliches „Vorher“ gibt es für uns Menschen nicht. Wir sind nicht irgendwoher gekommen.

Unsere Redewendung vom „zur Welt kommen“ eines Kindes lässt uns neu über Weihnachten nachdenken. Wir feiern die Geburt Jesu. Die Freude über die Geburt ist gewiss schon Anlass genug für ein Fest. Aber an Weihnachten geht es nicht bloß um einen Geburtstag. Es geht tatsächlich darum, dass Gott selbst auf die Welt gekommen ist. Das ist viel mehr! Und darin liegt der eigentliche Grund für das Weihnachtsfest. Denn bei diesem Kind in der Krippe können wir die Frage stellen, wo es vorher war und von wo es gekommen ist. Gott ist der Welt und ihrer Geschichte immer voraus und steht über ihr. An Weihnachten feiern wir, dass Gott in diese Geschichte des Menschen eintritt, indem er selbst Mensch wird. Die Herkunft dieses Kindes aus dem Stall in Bethlehem ist die Ewigkeit Gottes. Das ist ungeheuer konkret. Gott blickt uns Menschen nunmehr an mit menschlichen Augen und ist bei uns mit einem menschlichen Herzen, das für uns schlägt und uns über alles liebt. Das gehört zur Mitte des christlichen Glaubensbekenntnisses, dass konkret in genau diesem Jesus von Nazareth Gott selbst zur Welt gekommen ist. Das Evangelium und mit ihm der ganze christliche Glaube verstehen sich von daher nicht bloß als eine mal anrührend weise und mal ethisch herausfordernde Geschichte, mit der wir als Menschen unser Leben irgendwie besser bestehen können. Dann wäre der christliche Glaube ersetzbar durch andere „Geschichten“. Vielmehr setzt unser Glaube an genau diesem Ereignis, ja an dieser Wirklichkeit an, dass Jesus der menschgewordene Gott ist.

AdobeStock_72988925.jpg

Was bedeutet das? Oder anders: Was bedeutet also Weihnachten? Gott ist in Jesus auf die Welt gekommen. Er selbst ist da. Und indem Gott so konkret da ist, befreit er uns aus aller Einsamkeit und schließlich auch aus der letzten Einsamkeit des Todes. Denn im menschgewordenen Gott ragt Gottes Gegenwart in unsere Geschichte hinein mit all ihren Freuden und Abgründen und öffnet sie für die Weite und Freiheit seines Lebens und seiner Ewigkeit. So ist im Glauben der Blick in die Krippe der Blick auf das Leben selbst. Das ist ein Grund unermesslicher Freude, der uns dankbar bekennen lässt: Er ist wirklich auf die Welt gekommen und Mensch geworden.

So wünsche ich Ihnen auch im Namen unseres Pastoralteams von Herzen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest.

Klaus Nebel, Pfarrer