Jeden Freitag der Fastenzeit in St. Bonifatius
Während der Fastenzeit besteht nicht allein an den Herz-Jesu-Freitagen die Möglichkeit zur stillen Anbetung im Chorraum der Bonifatiuskirche, sondern auch an den übrigen Freitagen wird von 15:00 Uhr bis zur Abendmesse um 18:00 Uhr das Allerheiligste ausgesetzt.
Aussetzung und Anbetung, was geschieht da eigentlich? In dem Stück Brot auf dem Altar setzt Gott sich selbst uns aus. In diesem Stück Brot, das sichtbar und berührbar ist, erinnert uns Gott daran, dass er nicht irgendwie eine abstrakte Präsenz in uns oder um uns herum ist, die nur real erschiene, wenn wir sie auch spürten. In Jesus Christus hat er sich dagegen tatsächlich sichtbar und berührbar gemacht – bis hin zur letzten Konsequenz. In Jesus hat sich Gott dem Menschen bis zum Letzten ausgesetzt – bis hin zu Leiden und Tod, was wir uns in der Fastenzeit und in der Feier der Heiligen Drei Tage immer wieder vergegenwärtigen. Wie ein Stück Brot lässt Gott sich von uns verzehren, wird uns zur Nahrung, aus der wir leben. Es ist gut, wenn wir uns in der Stille Zeit nehmen, dieses eigentlich kaum fassbare Geschehen zu bedenken, es immer tiefer in unser Herz hineinsinken zu lassen.
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Das stille Gebet, die vertraute Zwiesprache mit Gott, wozu man oft und gern mit ihm zusammen ist wie mit einem Freund (Teresa von Avila), ist letztlich etwas, das sich im Innersten unseres Herzens abspielt. Manchmal wird uns im Gebet das Geschenk zuteil, dass wir uns Gottes Gegenwart und seiner unendlichen Liebe zu uns und in uns bewusst sein dürfen, dass wir sie förmlich spüren. Doch sind wir ehrlich, das ist ein eher seltenes Geschenk. Da kann es hilfreich sein, in der Stille mit der Leere des eigenen Herzens nicht allein zu sein, sondern im Brot der Eucharistie ein Gegenüber zu haben, etwas, das wir anschauen können und das uns an die Verwandlung, die Gott in unserem eigenen Herzen bewirken will, erinnert. Der heilige Augustinus sagt zum Brot der Eucharistie: „Empfange, was du bist, Leib Christi, und werde, was du empfängst, Leib Christi.“ So könnte man zur Anbetung sagen: „Schau an, betrachte, was du bist, Leib Christi, und werde immer mehr zu dem, was Du anschaust, Leib Christi“ – sieh, betrachte und durchbete die unendliche Liebe, mit der Jesus Christus dich anschaut, mit der er dich annimmt und liebt, so, wie du bist, diese Liebe, mit der er alles gibt, damit du lebst und dein Leben sich zum Guten wendet. Sieh, betrachte und durchbete das Geheimnis, das du selber bist als Glied der Kirche, die der Leib Christi ist. Sieh, betrachte und durchbete die unendliche Liebe Christi, die sich weiter verströmen will in unsere Welt, in der sich so Viele unbewusst nach dem sehnen, was in diesem Brot verborgen ist.
Lass dich selbst verwandeln in dieses Brot, das allein die Sehnsucht der Menschen zu stillen vermag. Ort dieser Sehnsucht wie des Gebetes ist das Herz. Lass Dir ein neues Herz schenken und einen neuen Geist in dich hineinlegen, der, den du betrachtest, kann dein Herz aus Stein in ein mitfühlendes Herz aus Fleisch verwandeln (Ezechiel 36,26).
Und in Momenten, in denen mein Herz kalt bleibt und ich nur das nackte Stückchen Brot auf dem Altar zu sehen vermag, wo ich nicht dahinter blicken kann auf die darin verborgene Wirklichkeit, die mein Glaube bekennt, liefere ich mich meinerseits diesem Stück Brot aus in dem Vertrauen darauf, dass dennoch Wandlung geschieht, auch da, wo ich noch nichts davon spüre … Da, wo ich mich diesem so geheimnisvollen Gott in dem unscheinbaren Stück Brot ganz hingebe, wo ich darauf vertrauen lerne, dass er in meinem Leben und darin auch für andere alles fügt, wie es in seinem Willen letztlich gut und schön ist, wo ich schließlich jeden einzelnen Schritt auf dieses Vertrauen hin tue, geschieht wohl Anbetung. Und das nicht mehr nur in den Momenten der Stille vor dem verwandelnden Stück Brot, sondern auch in meinem Alltag.
Anna Niem