Pilger der Hoffnung – Römische Heilige, Heilige in Rom
Rom, eine Heilige Stadt? Rom, das Ziel der Pilgerschaft im Heiligen Jahr, ist so heilig und unheilig wie jede andere Metropole. Hier leben Menschen jeglicher Couleur. Aber es gab und gibt durchaus Heilige in Rom. Diesen möchte ich hier im Gemeindebrief nachspüren und mit Ihnen eine virtuelle Reise zu den Stätten ihrer Verehrung in Rom unternehmen. Es sind römische Heilige wie Vinzenz Pallotti, Franziska von Rom, Praxedis und Pudentiana, Laurentius und Heilige, die als Pilger der Hoffnung in der Stadt angekommen sind, Birgitta, Ignatius, Sebastian und Ludwig Gonzaga. Es geht weniger um eine Gesamtwürdigung ihrer Leben und ihres Wirkens. Es geht um ihre Verbindung zur Stadt. Deshalb werden auch Heilige dabei sein, die wir bereits in den Reihen: „Heilige des Monats“ und „Dem Himmel so nah“ behandelt haben, Philipp Neri und Caterina.
Beginnen wir unsere Reise mit:
Petrus und Paulus
Gräber, Quellen, Fußspuren und große Architektur
Zu den Gräbern der Apostel ist das Ziel der Pilgerschaft nach Rom.
Hier das Grab des Hl. Paulus
Gemeint sind natürlich die Gräber der „Apostelfürsten“ Petrus und Paulus, in den großen Basiliken, die darüber errichtet wurden, wenn auch noch die Reliquien der Apostel Philippus und Jakobus in Rom verehrt werden.
Auch wenn heute die Pilger über andere Wege in die Stadt kommen, früher war die schöne Porta del Popolo das Eintrittsportal in die Stadt. Direkt links schließt sich die Kirche Sta. Maria del Popolo an. In der kleinen Kapelle links des Altarraumes kann der Pilger den beiden schon begegnen. Dort befinden sich die Gemälde von Caravaggio mit der Kreuzigung des Petrus und gegenüber wie Paulus bei seiner Bekehrung vom hohen Ross fällt.
So wie hier, treten die Beiden meist paarweise auf. Meistens haben die ihnen geweihten Kirchen beide gemeinsam als Patrozinium, wie z.B. in Schierstein.
Ihr Feiertag ist auch zu Recht gemeinsam. Beide stehen für zwei unterschiedliche, aber gegenseitig benötigte Prinzipien von Kirche. Steht Petrus für das Zusammenführen, eher für die Institution Kirche, so steht Paulus für das Ausprobieren, Neues entdecken, zu neuen Ufern aufbrechen.
Nur in Institution zu denken birgt die Gefahr der Versteinerung, nur zu neuen Ufern aufzubrechen, birgt die Gefahr, dass es auseinanderläuft. Nur beides zusammen führt in die Zukunft – wir brauchen Petrus und Paulus!
Die Ketten Petri in San Pietro in Vincoli
Petrus und Paulus sind gemäß der Überlieferung nach Rom gekommen. So endet mit der Reise des Paulus nach Rom die Apostelgeschichte in der Bibel. Über den Aufenthalt und den Tod der beiden gibt es aber keine sicheren Quellen. Der Patrizier Pudens soll Petrus in seinem Haus aufgenommen haben. Petrus soll dann dessen Töchter Praxedis und Pudentiana getauft haben. Diesen Schwestern werden wir noch eigens begegnen.
Im noch ziemlich urtümlichen Stadtteil Rione Monti in der Nähe des Kolosseums wird die Kirche San Pietro in Vincoli (St. Peter in Ketten) täglich von Hunderten Pilgern und Touristen überströmt. Dies sind aber fast ausschließlich Kulturpilger, die den Moses von Michelangelo sehen wollen. Pilger der Hoffnung interessieren sich dagegen für die Ketten, die unterhalb des Altares zu sehen sind. Es sollen die Ketten sein, mit denen Petrus in Jerusalem und Rom im Gefängnis gefesselt gewesen sein soll. Die Legende besagt, als man beide Ketten in Rom zusammengebracht habe, sollen sie sich zusammengefügt haben.
Das römische Gefängnis soll das Staatsgefängnis am Forum Romanum, der sog. Mamertinische Kerker gewesen sein, in dem u.a. auch Vercingetorix, der gallische Gegner Cäsars, gefangen war. Auch Paulus soll dort gewesen sein. Heute befindet sich darüber die Kirche San Giuseppe dei Falegnami, früher San Pietro in Carcere.
Paulus mit Praxedis – Christus in der Mitte – Petrus mit Pudentiana
Als nach dem Brand von Rom die erste Christenverfolgung in Rom begann, wollte Petrus, einer Legende nach, aus der Stadt fliehen. Als er schon auf der Via Appia aus der Stadt heraus unterwegs war, sei ihm Christus auf dem Weg in die Stadt begegnet. „Quo vadis, Domine?“, „Romam venio iterum crucifigi!“ – „Wohin gehst Du, Herr?“, „Nach Rom, um mich erneut kreuzigen zu lassen!“ Daraufhin hat Petrus sofort kehrt gemacht. Diese Szene hat der polnische Schriftsteller Henryk Sienkiewicz in seinem Historienroman „Quo Vadis“, von Hollywood u.a. mit Peter Ustinov verfilmt, aufgegriffen.
Daran erinnert auch die kleine Kirche Sta. Maria in Palmis an der Via Appia, die deshalb im Volksmund auch Quo Vadis Kirche genannt wird. Dort wird ein Stein gezeigt, in dem sich die Füße Christi eingeprägt haben. (Original heute in der nahen Basilika St. Sebastian).
Diese Legende greift auf, dass Petrus auch gekreuzigt sein soll. Weil er nicht wie Christus sterben wollte, soll er darum gebeten haben, mit dem Kopf nach unten gekreuzigt zu werden. Heute nimmt man an, dass dies im Circus (Pferderennbahn) des Nero auf dem Vatikanhügel stattgefunden hat. Später wurde der Leichnam in der Gräberstadt daneben bestattet. Anderen Überlieferungen nach sollen die Gebeine auch in einer Katakombe verwahrt worden sein und die Häupter auch über dem Altar der Lateranbasilika.
Archäologische Untersuchungen in dieser Gräberstadt unter der Peterskirche, die unter Pius XII. stattfanden, haben auf alle Fälle ergeben, dass schon sehr früh an dieser Stelle Petrus verehrt wurde und bis heute sich der Altar der Basilika genau darüber befindet und sich die imposante Kuppel wölbt.
Es gibt noch einen weiteren Ort, der mit dem Martyrium Petri in Verbindung gebracht wird. Auf dem Gianicolo Hügel befindet sich die Kirche San Pietro in Montorio. Im daneben liegenden Hof hat der Renaissance-Architekt Bramante, der erste Architekt, der den Auftrag für den Neubau der Peterskirche bekam, sein Meisterwerk geschaffen, der sog. Tempietto. Ein meisterhafter Rundbau, den Bramante direkt über dem dort vermuteten Ort der Kreuzigung Petri schuf.
Über den Aufenthalt Pauli in Rom ist noch weniger überliefert. Es gibt deshalb auch Vorstellungen, dass er gar nicht in Rom geblieben sei und er u.a. in Spanien missioniert haben soll. Auch soll er eines natürlichen Todes gestorben sein. Doch hat sich dann früh die Vorstellung durchgesetzt, dass er wie Petrus bei der Verfolgung das Martyrium erlitten habe. Als römischer Bürger kam die Kreuzigung nicht in Frage. Er soll deshalb enthauptet worden sein.
Weit abseits der Touristenströme im Süden des heutigen Rom steht eine uralte Abtei mit dem seltsamen Namen „Tre Fontane“ – “Drei Brunnen/Quellen“. Dieser Name bezieht sich auf die Legende, dass bei der Enthauptung des Paulus an diesem Ort das Haupt dreimal den Boden berührt habe. An diesen Stellen soll jeweils eine Quelle entsprungen sein. Später wurden diese Quellen in Brunnen gefasst und eine Kirche darüber errichtet.
Über dem Grab des Apostels wurde eine Basilika an der Via Ostiense außerhalb der Stadtmauern errichtet, die auch mehrfach erneuert und erweitert wurde, zuletzt nach einem verheerenden Brand im 19. Jahrhundert. In den letzten Jahren wurde das Grab unter dem Papstaltar für die Pilger wieder sichtbar gemacht.
St. Paul vor den Mauern ist eine der vier päpstlichen Basiliken. Bekannt sind auch die Medaillons mit den Bildnissen der Päpste. Es wird immer wieder erzählt, dass eine Prophezeiung besagt, die Welt ginge unter, wenn kein Platz mehr für ein Papstbild mehr zur Verfügung steht. Keine Angst, es gibt noch viel Platz in den Seitenschiffen.
Soweit unsere erste virtuelle Pilgerreise zu Heiligen Stätten in Rom. Nächsten Monat reisen wir mit einem Pilger der Hoffnung, einem echten Römer, Vinzenz Pallotti.
Gesegnete Pilgerschaft durch das Heilige Jahr wünscht
Pfarrer Matthias Ohlig
Papstbilder in St. Paul vor den Mauern