St. Bonifatius Wiesbaden

Drei mal drei, mein Kräuterlein, winde dich ins Bündel ein...

Gemeindebrief, Theologie SpiritualitätPhilippe Jaeck

Kräuter werden seit jeher verwendet, um zu würzen und weil sie heilende Wirkung haben.

Zum Hochfest Maria Himmelfahrt am 15. August werden gesammelte Kräuter, die zu einem Bündel gewunden sind, gesegnet. Dies geht auf eine der Legenden zur Aufnahme der Gottesmutter in den Himmel aus der Frühzeit der Kirche zurück. Danach ist die Gottesmutter von ihrem Sohn im Himmel aufgenommen worden. Die Apostel wollten Maria am dritten Tag nach ihrem Begräbnis am Grab besuchen. Sie fanden es geöffnet vor. Im Grab waren statt Marias Leichnam Rosen und Lilien. Rings um das Grab waren die Heilkräuter zu sehen, die Maria liebte.

Mit dem Brauch der Kräuterweihe zeigt die Kirche ihre Achtung vor der Schöpfung Gottes. Auch bringt sie damit ihren Dank zum Ausdruck, denn die Kräuter sind ein Symbol dafür, dass sich Gott den Menschen zuwendet. Die gesammelten und gesegneten Kräuter werden entweder in der Wohnung aufgehängt, um gerade in der dunklen Jahreszeit Wohlergehen und Glück auf magische Weise herbeizuführen, oder man verbrennt die Kräuter, um im Haus einen Wohlgeruch zu verbreiten. Daneben entfalten Kräuter ihre ganz irdische Kraft durch ihre heilende Wirkung, zum Beispiel in Salben, Tinkturen und Tees. Deshalb ist das Kräuterbüschel auch eine traditionelle Art, die Winterapotheke zu erweitern.

Das Sammeln und Binden der Kräuter ist ein ganz sinnlicher Akt in der Natur und eine Freude für die ganze Familie. Dabei kann man beobachten, dass es ab dem 15. August bis zum 15. September, dem Tag der Kreuzerhöhung, langsam in den Herbst übergeht. Man nennt diese Zeit auch Frauendreißiger. Sie ist begleitet von Mariengebeten und Marienwallfahrten. Sieben bis 77 Kräuter können gesammelt werden. Die Zahlen haben eine religiöse und magische Bedeutung. Dabei steht die Zahl Sieben für die Sakramente. Drei mal drei, also die Neun steht für Gott. Wenn man 12 Kräuter sammelt, dann erinnert man sich an die Apostel. Es werden Wildkräuter und Kräuter aus dem Garten verwendet. Es können allerlei Kräuter in das Bündel gewunden werden, welche die Natur zu bieten hat. Hier erwähne ich einige klassische Kräuter mit ihrer Wirksamkeit. Wo es geht, steht auch die Bedeutung dabei:

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Die Rose ist als Blume der Liebe bekannt und steht für Maria. Sie ist in der Mitte des Kräuterbüschels. Sie hat eine krampflösende, beruhigende und antiseptische Wirkung.

Die Lilie steht für den heiligen Josef. In weiß gehalten ist sie auch Sinnbild für die Jungfräulichkeit Marias. Zudem symbolisiert sie den Lebensbeginn und den Tod. Sie kann Blutungen stillen, verletzte Haut heilen und sie hilft bei Frauenleiden.

Die Königs- oder Mairenkerze kann statt der Rose in der Mitte des Kräuterbüschels eingesetzt werden, quasi als Zepter der Gottesmutter, mit dem sie Segen verbreitet, wie ein alter Segensspruch sagt. Sie wirkt entzündungshemmend, antibakteriell und antiviral. Damit lindert sie zum Beispiel Husten bei Erkältungskrankheiten. Auch dient die Königskerze zur Beruhigung.

Das Johanniskraut oder auch Herz-Jesu-Blut oder Marienblut hat seinen bekanntesten Namen, weil es an Johannes, den Täufer erinnert, denn seine Blütezeit ist um den 24. Juni (den Johannistag) herum. Weiter symbolisiert diese Pflanze die Sonne. Das Johanniskraut wird zur Würzung von Tees und Likören verwendet. Darüber hinaus hat das Johanniskraut beruhigende Wirkung und hilft gegen Angst, Nervosität und bei depressiver Stimmung.

Die Schafgarbe kann bei Gemüsegerichten und im Salat in der Küche verwendet werden. Auch im Tee entfaltet sie zum Beispiel in Kombination mit der Brennnessel einen lieblich-zarten Geschmack. Darüber hinaus wirkt die Schafgarbe bei Magen- und Darmbeschwerden oder gar bei Kopf- und Zahnbeschwerden beruhigend.

Baldrian, so ist bekannt, hat eine beruhigende Wirkung und hilft, um gut schlafen zu können.

Arnika, ein Kraut, das Maria zugeordnet ist, schützt angeblich vor Feuer und Hagel. Ihre ganz irdische Wirkung entfaltet die Pflanze bei der Wundheilung, denn sie trägt entzündungshemmende und schmerzlindernde Stoffe in sich. Somit ist sie auch wohltuend für beanspruchte Haut, da sie die Zellerneuerung anregt.

Die Kamille steht für Glück, die Liebe und erinnert an die Gottesmutter. Sie lindert Magen- und Darmbeschwerden und sie wirkt beruhigend. Kombiniert mit Thymian kann man sie auch zur Linderung der Symptome von Erkrankungen der oberen Atemwege benutzen.

Der Wermut soll Kraft, Mut und Schutz geben. Er findet sich bei der Zubereitung von Tees und alkoholhaltigen Köstlichkeiten wieder. Darüber hinaus wirkt Wermut appetitanregend und er hilft zusammen mit Beifuß bei einem Ungleichgewicht im Margen-Darm-Trakt.

Pfefferminze steht für Gesundheit. Tatsächlich wirkt Minze auch so, denn sie ist im Tee sehr erfrischend, aber auch beruhigend. Sie hilft unter anderem gegen Kopfschmerzen und Magenbeschwerden. Für schwangere und stillende Frauen ist sie aber nicht geeignet, da sie die Milchproduktion hemmt.

Der Salbei soll der Legende nach Maria und dem Jesuskind auf der Flucht vor dem König Herodes Obdach gewährt haben. Man sagt dem Salbei nach, dass er zu Wohlstand, Weisheit und Erfolg führe. Als Tee hilft die Pflanze bei Erkältungen. Sie nimmt die Entzündung weg, da sie gegen Bakterien, Pilze und Viren wirkt. Außerdem eignet sich der Salbei hervorragend in der Küche. Da Salbei jedoch austrocknend auf die Schleimhäute wirkt, sollte er mit Thymian kombiniert werden. Im asiatischen Raum wird dem Rauch von brennendem Salbei eine reinigende Wirkung für Körper und Geist zugeschrieben.

Die Wilde Möhre ist ein Ursprungsteil der uns bekannten Karotte. Sie wächst auf unseren Feldern. Sie hat eine beruhigende Wirkung zum Beispiel bei Blasenbeschwerden.

Der Spitzwegerich steht, wie auch der Breitwegerich, für Fruchtbarkeit. Der Spitzwegerich ist ein sehr bescheidenes Pflänzchen, denn er kommt gut auf trockenen,, sandigen Böden zurecht. In der Küche ist er mit seinem leicht champignonartigen Geschmack eine kulinarische Köstlichkeit für Salate und Gemüsefüllungen. Daneben ist er ein effektiver Helfer in der Hausapotheke, denn der Spitzwegerich hilft beispielsweise in Form einer Salbe, um Wunden zu heilen. Er stillt als Tee eingenommen Husten. Sein Saft kann lindernd wirken, etwa, wenn man von einer Mücke gestochen wird oder bei leichten Verbrennungen.

Die Goldrute steht für Aufrichtigkeit, für Erfolg und Glück. Als Tee ist die Goldrute ein echtes Highlight, denn sie bringt mit ihrem umwerfenden, fast honigartigen Geschmack den Sommer in die Tasse. Darüber hinaus kann sie in frühen Wachstumsstadien für Salate oder als Wurzelgemüse verwendet werden. Bei Infektionen der Harnwege und Nieren hat sie eine entzündungshemmende und harntreibende Wirkung. Die Goldrute eignet sich für die äußere Anwendung auf der Haut und zur inneren Anwendung als Tee.

Im Kräuterbündel und zum Binden des Kräuterbündels können sämtliche Getreidesorten verwendet werden. Sie stehen für das tägliche Brot.

Alle diese Kräuter und noch viele mehr kann man in unserer heimischen Natur und im Garten finden. Sie können in der Küche verwendet werden und sie haben heilende Kräfte. Letzteres heißt aber nicht, dass sie immer den Gang zum Arzt ersparen. Die Kräuter sind alle bienen- und insektenfreundliche Gewächse. Vielleicht entdecken auch Sie mit Ihrer Familie in diesem Sommer Ihr ganz persönliches Wald-, Wiesen- und Wildkraut, welches Sie in Ihr Kräuterbündel einwinden und segnen lassen. Ein Lexikon, wie etwa jenes mit dem Titel „Essbare Wildpflanzen“, hilft bei der Bestimmung. Ich wünsche nun viel Freude beim Entdecken und Sammeln der Kräuter in Gottes wunderschöner Schöpfung.

Carola Müller, Gemeindereferentin