St. Bonifatius Wiesbaden

Heiliger des Monats: der Heilige, der Goethe faszinierte!

Gemeindebrief, Theologie SpiritualitätPhilippe Jaeck

Wer ist dieser Heilige, dem der protestantisch getaufte Freidenker Johann Wolfgang von Goethe ein ganzes Kapitel in seiner berühmten „Italienische Reise“ widmet?

Ein Aussteiger

Er wurde am 21.6.1515 als Filippo Romolo Neri (Philipp Neri), jüngstes Kind des Juristen Francesco Neri und seiner Frau Lucrezia Soldi, in Florenz geboren. Er wuchs in, wie man so sagt, wohlsituierten Kreisen auf, doch hatte er früh Kontakt zum Dominikanerkloster San Marco. In diesem Kloster war der berühmt-berüchtigte Bußprediger Girolamo Savonarola einst Prior. Filippo sollte bei seinem Onkel eine kaufmännische Ausbildung machen, doch das passte ihm nicht. Er haute einfach ab und schlug sich in Rom als Hauslehrer durch.

Ein Streetworker

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Es war eine spannende Zeit in Rom. Auf der einen Seite Aufbrüche der Katholischen Reform (früher „Gegenreformation“ genannt). In dieser Zeit baute Ignatius seine „Societas Jesu“ (die Jesuiten) auf. Beide kannten sich und schätzten sich, vielleicht gerade in ihrer Unterschiedlichkeit, Ignatius, der strenge und strukturierte ehemalige Soldat und andererseits der spontane, chaotische Charismatiker Philipp.

Rom war aber auch geprägt von sozialer und religiöser Verwahrlosung. Durchaus mit dem Rüstzeug philosophischer und theologischer Studien zog Filippo durch die Gassen Roms und sprach mit heiteren, schlagfertigen Worten vor allem mit den Straßenkindern, den einfachen Handwerkern aber auch mit Kaufleuten, Künstlern und Adligen. Er war ein, wie wir heute sagen, Streetworker. Er bemühte sich intensiv um die vielen Kranken, Armen und Einsamen, die Vergessenen der Stadt. In diesem Bemühen fand er bald auch Unterstützer.

Ein „Frommer“

Sein Werk konnte er tun, weil er von einer tiefen, ja mystischen Frömmigkeit geprägt war. So war es für ihn auch wichtig seine Mitstreitenden geistlich zu stärken. Sie trafen sich allabendlich zu geistlichen Gesprächen, zum Lesen der Heiligen Schrift und zum Gebet im „Oratorium“. Dieser Gebetsraum wanderte quasi mit dem Wachsen der Gruppe durch verschiedene Orte in der Stadt. Das letzte und größte Oratorium befindet sich bis heute unweit der Engelsbrücke und wurde von einem der größten Architekten dieser Zeit Carlo Borromini gebaut. Aus diesen Treffen erwuchs die „Bruderschaft von der Heiligsten Dreifaltigkeit“ und später die Priestergemeinschaft, die den Namen des Treffpunktes „Oratorium“ trägt. Übrigens auch der musikalische Begriff des „Oratorium“ geht auf diese Treffen zurück. Philipp war ein großer Freund der Künste und Musik war im Oratorium immer ein wichtiger Bestandteil!

Doch kümmerte er sich nicht nur um die Spiritualität der Seinen, er förderte auch aktiv Formen der Volksfrömmigkeit. Gerade die Wallfahrt zu den Sieben Kirchen in Rom: die vier päpstlichen Basiliken Lateranbasilika, Petersdom, Sta. Maria Maggiore, St. Paul vor den Mauern, sowie S. Lorenzo vor den Mauern, S. Sebastian (bei den Katakomben) und Hl. Kreuz von Jerusalem an einem Tag zu besuchen, lag ihm am Herzen.

„Der humoristische Heilige“

Diesen Titel trägt das Kapitel in Goethes „Italienischer Reise“. Denn genau das machte einen großen Teil der Ausstrahlung Philipp Neris aus. Er war schlagfertig, spontan und manchmal voll von „verrückten“ Einfällen. Hier Beispiele:

„Beichte und Buße der Contessa Bianchi:

Die vornehme Frau beichtete bei Philipp, dass sie immer wieder Schlechtes über Mitmenschen gesprochen habe. Zur Buße schickte er sie auf den Markt, sie solle ein Huhn kaufen und zu ihm bringen, es auf dem Weg aber sorgfältig rupfen. Schon am nächsten Tag kam die Frau mit dem völlig federlosen Tier und bekam nun die Aufgabe, die unterwegs verstreuten Federn einzusammeln; empört wies die Dame darauf hin, das sei unmöglich, der Wind habe die Federn inzwischen über ganz Rom verteilt. Das hättest Du vorher bedenken müssen, antwortete Philipp, denn so wie du die Federn nicht wieder aufsammeln kannst, so kannst du auch die einmal ausgesprochenen bösen Worte nicht wieder zurücknehmen.“

und

„Einmal sollte der Priester Philipp prüfen, ob eine bestimmte Schwester, die im Ruf der Heiligkeit stand, wirklich heilig sei. Die Aufgabe löste er so: Er wartete einen Tag ab, an dem es stark regnete. Dann ging er durch Schmutz und Schlamm stapfend zu ihrem Kloster und ließ die betreffende Schwester rufen. Als sie kam, bat er sie, ihm seine Schuhe zu säubern. Die Heilige lehnte aber empört ab. Lächelnd ging Philipp wieder nach Hause, - für ihn war sie keine Heilige!“ (zitiert nach Ökumenisches Heiligenlexikon)

Auch ließ er einen sehr von sich eingenommenen jungen Mann, der mitmachen wollte, zur Probe mit einem hinten angebundenen Fuchsschwanz durch Rom laufen. Der Geck bestand die Probe nicht!

Als eine Gruppe bei der Sieben-Kirchen-Wallfahrt in der Hitze schlapp machte, schleuderte Philipp sein Birett in die Luft und schrie „Paradiso, Paradiso“, worauf die Gruppe fröhlich singend die Wallfahrt vollendete.

Philipp tat aber auch selbst alles, um nicht in den Ruch der Heiligkeit zu kommen. Er wehrte sich lange, letztlich erfolglos, dagegen, zum Priester geweiht zu werden. Auch lief er oft mit halb rasiertem Bart herum, oder mit Pelzmantel in der Hitze, auch mal mit rosa Pantoffeln.

Das half alles nichts. „Pippo Buono“, der gute Philipp, wie ihn die Römer nannten, wurde gemeinsam mit Ignatius, Franz Xaver, Teresa von Avila und Isidor von Madrid am 12. März 1622 heiliggesprochen. Die spöttischen Römer sprachen davon, dass der Papst vier Spanier und einen Heiligen zur Ehre der Altäre erhoben habe!

Sein Grab befindet sich in der Kirche Sta. Maria in Vallicella, auch Chiesa Nuova (Neue Kirche) genannt, in Rom, neben dem schon erwähnten großen Oratorium.

Kurzinformationen

Patron: von Rom und Neapel; der Spezialeinheiten der US-Army; der Humoristen; gegen Unfruchtbarkeit der Frauen, Gliederkrankheiten und Erdbeben

Attribute: flammendes Herz, Rosenkranz

Gedenktag: 26. Mai

Pfr. Matthias Ohlig
Bild: Didier Descouens - Eigenes Werk,
CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=51971212