St. Bonifatius Wiesbaden

100 Jahre Fatima

Theologie SpiritualitätAutor

Am 13. Mai dieses Jahres feiert der Wallfahrtsort Fatima das 100jährige Jubiläum seiner Erscheinungen

Vor 100 Jahren war Fatima ein unbedeutendes Nest im Westen Portugals. Das sollte sich in den folgenden Monaten gründlich ändern. Grund genug, Maria 2017 mit einem großen Festjahr zu danken. 

Auf der offiziellen Website werden schon lange die Tage, Stunden, Minuten und Sekunden heruntergezählt. Mitte dieses Monats Mai wird nun Papst Franziskus zur Hundertjahrfeier erwartet. Schon seine drei Vorgänger Paul VI., Johannes Paul II. und Benedikt XVI. haben den Ort besucht. Johannes Paul II. schrieb sein Überleben nach dem Attentat auf ihn dem Schutz der Madonna von Fatima zu. Die Kugel, mit der auf ihn geschossen wurde, ist heute in die Krone der Wallfahrtsstatue eingearbeitet. 

Den Auftakt zum Jubiläum machte bereits der „Mariologische Marianische Internationale Kongress“ der Päpstlichen Marianischen Internationalen Akademie im September vorigen Jahres. Am 21. bis 24. Juni folgt der große offizielle internationale Kongress der Hundertjahrfeier. Wissenschaftler aus sieben Forschungsbereichen wollen dazu beitragen, Fatima neu zu deuten und neu zu begreifen, unter anderem aus soziologischer, psychologischer und kulturhistorischer Sicht. Themen sind unter anderen: Fatima und soziale Dynamiken; Fatima unter dem Blickwinkel der religiösen Phänomenologie; Fatima und die prophetischen und apokalyptischen Sprachen; die Geistlichkeit und die Theologie Fatimas; der Einfluss von Fatima auf die Behauptung des portugiesischen Katholizismus. 

Das Abschlusskonzert am 13. Oktober - dem 100. Jahrestag der letzten Erscheinung mit dem sogenannten Sonnenwunder - ist die Welturaufführung eines eigens dafür komponierten Werkes von James Macmillan und Eurico Carrapatoso in der Rosenkranz-Basilika. 

Das Kommen von Papst Franziskus zum 13. Mai, dem Jahrestag der ersten Erscheinung, dürfte neben dem 13. Oktober der Höhepunkt des Jahres werden. Der Papst aus Argentinien ist ein großer Marienanhänger. Zwar hat er betont, dass Maria keine Postbotin für irgendwelche Privatbotschaften sei; seine Amtszeit aber stellte er - am 13. Mai 2013 - unter den Schutz der Madonna von Fatima. Am diesjährigen 13. Mai dürfte der Platz zwischen der Rosenkranz-Basilika und der 2007 geweihten postmodernen Kirche der Allerheiligsten Dreifaltigkeit - einer der größten Kirchplätze der Welt - aus allen Nähten platzen: Papst Franziskus könnte bei seiner Reise nach Portugal im Mai die Heiligsprechung der drei Hirtenkinder vornehmen. 

Die Geschwisterkinder Francisco und Jacinta Marto wurden im Jahr 2000 von Papst Johannes Paul II. seliggesprochen. Die dritte Seherin Lucia, die als einzige der drei das Erwachsenenalter erreichte und Ordensfrau wurde, starb erst 2005 im Alter von 98 Jahren.

Francisco Marto wurde am 11. Juni 1908 in Aljustrel geboren und starb im Alter von zehn Jahren am 4. April 1919 in Fatima. Jacinta Marto wurde am 11. März 1910 in Aljustrel geboren und starb im Alter von elf Jahren am 20. Februar 1920 in Lissabon an einer infektiösen Brustfellentzündung. Mit Francisco und Jacinta Marto waren zum ersten Mal in der Geschichte der Kirche Kinder selig gesprochen worden, die nicht Märtyrer waren.

Die Marienerscheinungen an der Grotte Cova da Iria bei Fatima hatten sich zwischen Mai und Oktober 1917 ereignet. Bei den Erscheinungen war den Kindern Francisco und Jacinta Marto sowie Lucia dos Santos jeweils aufgetragen worden, ihren Mitmenschen den Ruf zu Umkehr und Buße zu verkünden.

Die Polemik in der Presse im damals streng antiklerikalen Portugal veranlasste im August 1917 den Präfekten, einen Haftbefehl gegen die Kinder auszustellen. Im Gefängnis wurden die Kinder getrennt und eingeschüchtert. Doch auch die Einschüchterungen konnten keines der Kinder zum Widerruf bewegen.

Der Höhepunkt der Ereignisse war das sogenannte „Sonnenwunder“ am 13. Oktober 1917. Damals waren mehr als 50.000 Menschen - unter ihnen nicht wenige Atheisten und Agnostiker - den drei Hirtenkindern zur Cova da Iria gefolgt. Sämtliche Anwesende bezeugten in der Folge das „Sonnenwunder“: Nach einem Regenguss brachen die Wolken auf, die Sonne schien sich zu drehen, strahlte weniger hell als gewöhnlich und vollzog ungewöhnliche Bewegungen. Mit dem Ereignis endeten die Marienerscheinungen von Fatima.

Bei dem Seligsprechungsverfahren für die Hirtenkinder hatten die Marienerscheinungen selbst keine ausschlaggebende Rolle gespielt. Vielmehr hatte die Kirche das mustergültige Verhalten der Kinder beurteilt. So hielt sich etwa der neunjährige Francisco Marto trotz Todesdrohungen an das ihm von der Muttergottes auferlegte Schweigegebot über den Inhalt der Offenbarungen.

Stephan Gras