St. Bonifatius Wiesbaden

Schaut hin… Ökumene in St. Bonifatius mit der Russisch-Orthodoxen Gemeinde

Gemeindebrief, Theologie SpiritualitätPhilippe Jaeck

Sie prägt zusammen mit unserer Bonifatiuskirche und der Marktkirche als dritte Kirche das Wiesbadener Stadtbild: die Russisch-Orthodoxe Kirche zur Heiligen Elisabeth, von den Wiesbadener auch manchmal „Griechische Kapelle“ genannt.

Thronend auf dem Neroberg zeigt sie uns eine ganz eigene Welt, nicht nur optisch etwas abseits. Sie ist präsent aber auch etwas fremd. Ich freue mich deshalb sehr, dass ich mit dem neuen Priester der Gemeinde Walerij Micheev in Kontakt gekommen bin und er mir freundlich für uns meine Fragen beantwortet hat! So können wir unsere Reihe zum Kennenlernen unserer Geschwistern in der Ökumene um ein neues Kapitel erweitern.

Sie sind noch nicht lange Priester an der Russisch-Orthodoxen Kirche zur Heiligen Elisabeth auf dem Neroberg. Was bedeutet es für Sie diese Stelle übernommen zu haben?

Es ist für mich als Priester eine große Ehre in der historischen Kirche der Hl. Elisabeth zu zelebrieren. Ihre Geschichte ist untrennbar mit dem Land Hessen verbunden und ihr Anblick eine Visitenkarte der Stadt Wiesbaden.

Was können Sie uns Katholiken sagen, was gerade die Russisch-Orthodoxe Tradition ausmacht?

Die orthodoxe Kirche ist für uns die Eine, Heilige und Apostolische Kirche des christlichen Glaubensbekenntnisses. Sie gründet diese ihre Überzeugung auf der Bewahrung des urchristlichen Erbes in Bekenntnis und Tradition die Jahrhunderte hindurch. Dies kennzeichnet die orthodoxe Tradition, die allerdings nicht einfach als historisches, statisches Element verstanden wird, sondern als ein dynamischer Faktor im Leben der Kirche und als bewegende Gegenwart des Heiligen Geistes in ihr. „Orthodoxie“ meint nicht einfach eine richtige Lehre, sondern rechten Lobpreis Gottes, der sich im wahren Glauben und gemeindlichem Zusammenleben verwirklicht. Nicht primär als belehrende, sondern als betende, Gott ehrende Gemeinschaft versteht sich die Orthodoxe Kirche. Sie will nicht etwa ein Verein von Gläubigen oder eine Institution sein, sondern eine sakramentale Gemeinschaft, in welcher der dreifaltige, menschenliebende Gott gegenwärtig ist. Jede Ortsgemeinde ist in diesem Sinn Kirche: Ihre Mitte ist die Eucharistie, die „Göttliche Liturgie“, der ein Bischof oder ein von ihm geweihter Priester vorsteht. Der Bischof ist also Pfeiler der Kirche: Er ist Hirte der Diözese, ihr Lehrer, der die Lehre des Evangeliums Christi in Übereinstimmung mit der Gesamtkirche verkündet und mit allen anderen, ihm letztlich gleichrangigen Bischöfen in eucharistischer Gemeinschaft steht, die Fundament der Einheit der Orthodoxen Kirche ist.

Mit der Orthodoxie, besonders mit der Russisch-Orthodoxen Kirche verbinden wir besonders die Ikonen. Was bedeuten Ikonen im Glauben und in der Frömmigkeit der Gläubigen?

Orthodoxen Russen gelten die Ikonen als spiritueller Zugang zu der Welt Gottes, werden aber bei deren Betrachtung keinesfalls angebetet, vielmehr verehrt wegen der auf Ihnen dargestellten Personen oder Ereignisse.

Was wünschen Sie sich von einem Kontakt Ihrer Gemeinde und der Katholischen Pfarrei St. Bonifatius?

Die Orthodoxen Kirchen beteiligen sich an Diskussionen und gemeinsamen Projekten mit den anderen Konfessionen zu Menschenrechten, weltweiter Armut, Flucht und Migration, Kriegen und religiös aufgeladene Konflikten wie auch der Arbeit mit Jugendlichen. Dabei habe ich bisher stets die Erfahrung einer sehr freundschaftlichen Zusammenarbeit mit beispielsweise der katholischen Gemeinde St. Martin in Landshut machen dürfen und hoffe im selben Geiste auch mit der Gemeinde und Pfarrei St. Bonifatius in Kontakt zu kommen.

Die Fragen stellte Pfr. Matthias Ohlig
Foto: Martin Kraft // photo.martinkraft.com, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=32011118