Diese Frage beschäftigt Menschen in allen Zeiten, auch heute!
Wenn wir unsere Welt anschauen, ist sie so wunderschön mit ihren Wäldern, mit ihren Flüssen und Seen, mit den weiten Feldern und den hohen Bergen, mit der großartigen Pflanzen- und Tierwelt. Gott hat die Welt so schön geschaffen. Gleichzeitig erfahren wir in dieser Welt so viel Leid. Menschen sind Naturkatastrophen, Kriegen, Armut, Vertreibungen, Unrecht, Krankheit und Tod ausgesetzt.
Warum lässt Gott, der allmächtig und gut ist, das Leiden zu? Diese Frage stellen sich Menschen in allen Zeiten. Das Nachdenken darüber wird seit dem 17. Jahrhundert als Theodizee bezeichnet. „Theodizee“ (griech. für „Gerichthalten über Gott“, später: „Rechtfertigung Gottes angesichts des Leidens“) ist ein Begriff, den Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716), deutscher Philosoph, Mathematiker, Jurist und Historiker, in die philosophische Diskussion eingeführt hat.
Bereits der antike, vorchristliche Philosoph Epikur (341–270) hat das logische Problem der Theodizee angedacht und in ein berühmtes Gedicht gefasst:
„Ist Gott willens, aber nicht fähig, Leid zu verhindern?
Dann ist er nicht allmächtig.Ist Gott fähig, aber nicht willens, Leid zu verhindern?
Dann ist er nicht gut.Ist Gott aber gut und allmächtig:
Warum dann das Leid?“
Der französische Philosoph Voltaire (1694–1778) schrieb im Angesicht des Erdbebens von Lissabon im Jahr 1755:
„Wie einen Gott sich denken, der, die Güte selbst,
den Kindern, die er liebt, die Gaben spendet,
und doch mit vollen Händen Übel auf sie gießt.“
Auch wir können uns fragen, warum Flutkatastrophen, Brände, Hitze und Dürre, Pandemie, Krankheiten und anderes Unheil uns treffen. Warum müssen unschuldige Menschen sterben? Will Gott uns strafen? Gibt es überhaupt einen guten und liebenden Gott? Oft werden Christen mit dem Vorwurf konfrontiert, was sei das doch für ein Gott, der seinen Sohn von den Menschen in einem blutigen Kreuzesopfer schlachten ließ.
Die Menschen erleben immer wieder, dass sie mit der Vernunft das Leid nicht erklären können.
Die Antwort auf die Theodizeefrage liegt im Glauben. Apostel Paulus schreibt:
„Das Wort vom Kreuz ist denen, die verlorengehen, Torheit; uns aber, die gerettet werden, ist es Gottes Kraft… Die Juden fordern Zeichen, die Griechen suchen Weisheit. Wir dagegen verkünden Christus als den Gekreuzigten: für Juden ein Ärgernis, für Heiden eine Torheit, für die Berufenen aber, Juden wie Griechen, Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit.“
(1 Kor 1,18; 22–24)
Das Kreuz bringt Rettung, es ist Gottes Kraft. Das Leiden und der Kreuzestod Jesu zeigen den Sinn in seiner Auferstehung, in der Verwandlung zu neuem Leben bei Gott in Ewigkeit.
In Jesu Leben können wir sehen, wie er mit dem Leiden umgegangen ist. Jesus hat Mitleid mit uns Menschen, er hilft in Not, er tröstet, er heilt, er erweckt die Toten zum Leben. Seine bedingungslose Liebe zu uns ist radikal: er nimmt das Kreuz auf sich und geht in den Tod, um uns das ewige Leben bei Gott zu schenken. Die Kraft schöpft er immer beim Vater im Gebet.
Der lutherische Theologe Dietrich Bonhoeffer (1906–1945) ist Jesus auf seinem Leidensweg nachgefolgt. Er bezeugt:
„Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen. Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein.“
Das Kreuz ist ein Hoffnungszeichen für das Leben geworden. Die Hoffnung, verankert im Glauben, gibt Kraft, im Leid durchzuhalten. Das Kreuz führt zum Leben bei Gott. Wie das geschieht, ist nicht erklärbar, aber es ist erfahrbar.
Im Kirchenjahr gibt es einen Festtag, der dem Kreuz gewidmet ist. Am 14. September feiern die römisch-katholische und orthodoxen Kirchen das Fest der Kreuzerhöhung. Der Ursprung dieses Festes liegt im vierten Jahrhundert. Kaiser Konstantin (ca. 280–337) ließ in Jerusalem an der Stätte, die als Ort von Kreuzigung und Grablegung Christi verehrt wurde, die Grabeskirche bauen. In der jährlichen Festoktav der Weihe wurde das „Wahre Kreuz“ jeweils am 14. September dem gläubigen Volk hocherhoben gezeigt und verehrt. Diese aufwendig gestaltete Feier verbindet sich früh mit dem Gedächtnis der wunderbaren Auffindung des „Wahren Kreuzes“ Christi, die der Kaiserin Helena zu verdanken sei.
Im Bistum Limburg befindet sich eine Kreuzreliquie. Die ersten Kreuzfeste fanden zur Gründungszeit des Bistums im 19. Jahrhundert statt. Bischof Wilhelm Kempf ließ diese Tradition 1959 wieder aufleben. Von Anfang an war es mit der vorausgehenden Kreuzwoche als eine Art Diözesan-Katholikentag gedacht. Das Kreuzfest wurde in verschiedenen Orten im Bistum gefeiert, wobei die Kreuzwoche immer im Bistum Limburg stattfand.
Auch in diesem Jahr findet die Kreuzwoche von Donnerstag, 16. September, bis Sonntag, 19. September in Limburg statt. Unter dem Leitwort „Feier das Leben“ sind alle eingeladen, über die vielen Leiderfahrungen, über das Kreuz und das Leben nachzudenken und sich damit auseinanderzusetzen.
Schwester Katrina Dzene, Gemeindereferentin
Foto: Peter Weidemann/Pfarrbriefservice
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