St. Bonifatius Wiesbaden

Heilige (Selige) des Monats Gertrud, Tochter der Heiligen Elisabeth

Gemeindebrief, Theologie SpiritualitätPhilippe Jaeck

Über dem Lahntal

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Wenn man von Limburg in Richtung Gießen das Lahntal hoch fährt und bevor rechts die Altstadt von Wetzlar mit dem Dom in den Blick kommt, thront auf der linken Seite ein altes Kloster auf der Höhe: Kloster Altenberg. Ein Abstecher dort hinauf lohnt sich! Von dort geht der Blick in die Weite des Lahntals, eingerahmt von der malerischen Altstadt von Wetzlar, überragt vom (ökumenischen) Dom und vom romantischen Schloss Braunfels, das in unserer Geschichte noch eine Rolle spielen wird. Auch das Kloster selbst ist sehenswert. Kern ist die schlichte Kirche mit einem barocken Hochaltar und einer bedeutenden historischen Orgel. Blickfang ist ein gotisches Hochgrab. Es ist nicht nur ein hervorragendes Beispiel mittelalterlicher Bildhauerkunst; es ist das geistliche Herz dieses Ortes, es ist das Grab einer großen Frau!

Ein Kloster auf der Höhe

Das Kloster ist eine Tochtergründung der bedeutenden Abtei Rommersdorf, die 1170 Prämonstratenserinnen auf den „Alten Berg“ schickte. Zuvor hatte Gottfried von Beselich eine St. Michaelskapelle errichten lassen. Das Kloster spielte schnell eine wichtige Rolle in der Region und viele Mitglieder der Adelsfamilien Nassau und Solms zog es hierhin. Teilweise war das Kloster auch die Grablege der Solmser. Doch gerade diese Familie der Linie Solms-Braunfels bereitete dem Klosterleben nach der Säkularisation 1802, allerdings irgendwie nur vorübergehend, das Ende und eignete sich Gebäude und Liegenschaften an.

Ein Kind wird ins Kloster gebracht

Unsere eigentliche Geschichte beginnt wahrscheinlich 1229, die Quellenlage ist da nicht eindeutig. Da wurde von einer berühmten Frau ihre kleine Tochter dem Kloster übergeben. Als Achtjährige erlebte das Mädchen die Heiligsprechung ihrer Mutter, der Heiligen Elisabeth!

Dies hat Gertrud, die Tochter, geprägt. Sie hat ihre Mutter leiblich fast kaum erlebt. Früh ins Kloster gebracht, sah sie ihre Mutter nur einige Male, als diese sie von Marburg herüber wandernd besuchte. Dieser Weg ist heute der erste der drei Elisabethpfade. Inzwischen wurde dieser Weg von Marburg ausgehend bis Frankfurt verlängert.

Gertrud blieb im Kloster und wurde 1248 zur Meisterin des Klosters gewählt und blieb dies bis zu ihrem Tod 1297. Sie führte das Kloster in jeder Hinsicht zur Blüte. Mit ihrem Erbe, das sie ins Kloster einbrachte, wurde das Kloster weiter ausgebaut und die heute existierende Kirche errichtet. Besonders wichtig war ihr aber, in der Tradition ihrer Mutter, die Sorge um die Armen und Kranken. So gründete sie u.a. zwei „Siechenhäuser“. Sie bezog sich gern auf ihre Mutter und unterzeichnete ihre Anordnungen und Briefe mit: „Gertrud, Tochter der Heiligen Elisabeth“! Doch sie war nicht einfach nur Tochter. Sie war eine eigenständige, selbstbewusste Frau. Auch geistlich setzte sie Zeichen. Sie führte das Fronleichnamsfest in der Region ein. Schon 1270, sechs Jahre nach der offiziellen Erhebung des Festes für die Gesamtkirche, wurde es auf Altenberg gefeiert. Nicht zuletzt durch Reliquien ihrer Mutter wurde das Kloster zu einem Wallfahrtsort und Geistlichen Zentrum.

Der Altenberger Altar und ihr Grabmal zeigen die kulturelle Blüte des Ortes. Teile des Altars sind nach der Auflösung des Klosters verstreut worden und so ist er nicht mehr vollständig erhalten. Ein Teil befindet sich zusammen mit Elisabeth Reliquien wie dem Ehering auf Schloß Braunfels. Die beiden Altarflügel können im Frankfurter Städel Museum betrachtet werden.

Verehrung der „Seligen Gertrud“, eine auch ökumenische Geschichte

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Gerade eines der Bilder des Altenberger Altars im Städel zeugt von der frühen Verehrung. Es ist eine frühe Darstellung der Heiligen Elisabeth, die einem Armen einen Mantel schenkt, diesen Mantel bekommt sie quasi von einem Engel zurück. Hinter der Heiligen ist klein eine Prämonstratenserin, Gertrud, dargestellt. Auch wenn eine offizielle Seligsprechung nicht nachweisbar ist, wird sie als Selige verehrt. Am 18. Dezember 1311 hat Papst Clemens V dem Kloster gestattet, das Jahresfest Gertruds zu feiern. Papst Benedikt XIII hat ihre Verehrung am 8. März 1729 generell erlaubt. In der Inschrift auf dem Grab wird Gertrud aber bereits als Selige bezeichnet:

ANNO DOMINI MCCXCVII IN DIE BEATI YPOLITI OBIIT BEATA GERTRVDIS FELIX MATER HVIVS CONVENTVS FILIA SANCTE ELISABET LANDGRAVIE THURINGIE

= Im Jahre des Herrn 1297 am Tage des Seligen Hypolitus (13. August) starb die selige Gertrudis, die glückliche Mutter des Konvents, die Tochter der heiligen Elisabeth, Landgräfin von Thüringen.

Die Verehrung Gertruds findet interessanterweise nach dem Krieg gerade durch eine evangelische Gemeinschaft neuen Auftrieb! 1955 zogen in die alten Gebäude die aus Ostpreußen vertriebenen „Königsberger Diakonissen“ ein. Die Diakonissen stellten sich ganz bewusst in die Tradition der Seligen Gertrud und verknüpften diese mit dem Charisma der in Braunfels geborenen Mitgründerin der Diakonissen Bewegung, Friederike Fliedner. Inzwischen hat die evangelische „Communität Christusbruderschaft Selbitz“ die Diakonissen im Kloster Altenberg abgelöst und so bleibt der Ort weiter ein Geistliches Zentrum im Sinne der Seligen Gertrud.

Tatkräftig unterstützt vom ersten Pfarrer der Pfarrei St. Markus Wetzlar-Dalheim, P.  Adalbert Jahn C. Ss. R., hat sich auch wieder eine Wallfahrt-Tradition zur Seligen Gertrud im Katholischen Bezirk Wetzlar entwickelt, an der ich zu meiner Zeit in dieser Region gerne mitgewirkt habe. Die Selige Gertrud als starke Frau, die das Gebet mit dem aktiven Einsatz für die Menschen verbunden hatte, hat mich weiter begleitet auch auf der anderen Seite des Taunus und ich habe sie mit nach Wiesbaden genommen.

Gedenktag

13. August

Pfr. Matthias Ohlig
Bild: Autor unbekannt - XVIII century representation, Gemeinfrei,
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Joachim Schäfer / Ökumenisches Heiligenlexikon