St. Bonifatius Wiesbaden

Du sollst dir kein Bild machen

Gemeindebrief, Theologie SpiritualitätPhilippe Jaeck

von unseren Grenzen zur Unendlichkeit Gottes

Im Buch Exodus (2. Buch Mose) sind die 10 Gebote niedergeschrieben.

„Du sollst dir kein Bildnis (von Gott) machen“

steht dort. Die Menschen, die sich zum Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs bekannten, sollten, im Gegensatz zu den umliegenden Völkern, ihren Gott Jahwe weder in einer Skulptur aus Holz, Stein oder Metall darstellen – noch in Form eines menschlichen Wesens oder eines Tieres. Auch das „ganze Himmelsheer, die Gestirne“ durften nicht als Götter verehrt werden.

Ich habe immer gerne mit Bildern gearbeitet, wenn es um Vorstellungen von Gott ging: mit Kindern und Erwachsenen, mit demenziell Erkrankten … Bilder sprechen uns auf einer anderen Ebene an als Worte. Sie sind anschaulich und haben unterschiedliche Bedeutungen und Tiefenschichten.

Ein Drittklässler malte im Unterricht ein Bild von Gott: ein freundlicher, alter Mann mit weißem Bart auf einem Thron. In der Hand hielt er eine Fernbedienung, damit er alles steuern kann, was auf der Erde passiert. Eine kindliche, naive Vorstellung? Mir hat dieses Bild gefallen. „Dieser“ Gott zieht sich nicht zurück und überlässt die Welt und uns Menschen ihrem Schicksal. Er beobachtet, was geschieht und lenkt. Er greift in die Geschehnisse ein, wo es nötig ist. Je nach Blickwinkel steckt in der Zeichnung ein Gott , der mit der Fernbedienung seine Macht ausspielt, Menschen ihre Freiheit nimmt und fremdbestimmt.

In jedem Fall hat der kleine Künstler eine weit verbreitete Vorstellung von Gott mit seiner aktuellen Welt verbunden.

„Du sollst dir kein Bild machen … ?“

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Von einem strikten Bilderverbot wandten sich einige bedeutende Theologen zu Beginn des 5. Jh. ab, denn sie wussten: Bilder sind eine Brücke, um der ungebildeten Bevölkerung die Botschaft der Heiligen Schrift nahe zu bringen. Lesen konnten damals nur wenige Privilegierte.

Andere Gelehrte sahen in dem Gebot eine konkrete Weisung Gottes und hielten daran fest.

Für mich sind biblische Bilder, mit denen Gott beschrieben wird, eine Offenbarung:

Gott ist wie eine feste Burg, die uns schützt

  • … wie eine Adlermutter, die uns auffängt, wenn wir abstürzen

  • … wie Licht, das uns die Angst nimmt

  • … wie ein guter Hirte, der weiß, was wir brauchen

  • … wie eine gute Mutter, ein guter Vater

  • … wie eine große, herrliche Stadt, in der wir zuhause sind

Das sind einige Beispiele von biblischen Gottesbildern aus dem Buch „Gott, wer bist du?“ von Elsbeth Bihler.

Letztlich geht es beim Bilderverbot darum, dass wir Gott nicht in das Bild pressen, das uns gefällt und dann sagen: So ist Gott. Ich weiß, wie er ist, was er mit den Menschen und der Welt vorhat, wen er straft und wer in „den Himmel“ kommt.

Wer so denkt und redet, hat wenig begriffen von Gottes Größe. Gott passt nicht in unser kleines Hirn.

Oft entzieht er sich jeder Logik.

Es gibt dennoch einen Weg, um Gottes Wesen und seinen Willen – vielleicht ansatzweise- zu erkennen, indem wir ihm unser Herz öffnen.

Wenn wir bereit sind, unsere liebgewordenen Vorstellungen von Gott in Frage zu stellen, anstatt sie zu verteidigen, bereit werden neu hin zu hören …

dann kann Gott sich zeigen als der „Ich – bin – da“ als unser Begleiter, unsere Begleiterin im Leben, die sich immer neu zeigt und unsere engen Vorstellungen weitet.

Gott kann sich uns zeigen, wenn wir staunen über die Größe des Universums, wenn wir Unbekanntes entdecken und Niegedachtes denken.

Marion Lindemann, Gemeindereferentin