St. Bonifatius Wiesbaden

Abschied 2.0

Gesichter der Pfarrei, GemeindebriefPhilippe Jaeck

Zum zweiten Mal verabschiede ich mich heute aus dem Pastoralteam St. Bonifatius. Der erste Abschied fand 2013 statt. Einige von Ihnen erinnern sich vielleicht an das Sommerfest in St. Michael 2013, das den fröhlichen Rahmen dafür bildete.

Das Pastoralteam war durch die vielen Abschiede in dieser Zeit sehr klein geworden. Es gab viele Lücken zu füllen. So kam es, dass ich nach einem Jahr Ruhestand wieder mit einem Teilauftrag zurück in den Dienst ging. Diesmal nicht mehr als Kirchortverantwortliche, sondern in die Kategorie Altenheimseelsorge u.a. zusammen mit drei anderen KollegInnen. Einmal monatlich nahm ich am Dienstgespräch teil, damit der Kontakt zu den übrigen Kollegen nicht verlorenging.

So stieg ich ein in die Seelsorge

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  • im Antoniusheim, das noch einen eigenen Ruhestands-Priester hat;

  • im Ludwig-Eibach-Haus, ein Evim-Haus, in dem neben der evang. Pfarrerin Muntanjohl Pater Bernold, ofm, Marienthal, ein Mal pro Monat Gottesdienst feiert. Zusätzlich findet ein Mal pro Monat ein Wortgottesdienst statt;

  • dem Rotkreuz-Altenheim, das von der Schwesternschaft Oranien geleitet wird, in dem monatlich Wortgottesdienste und Eucharistiefeiern im Wechsel stattfinden. Für die Eucharistiefeier kamen die jeweiligen Kapläne aus St. Bonifatius in das Altenheim.

Alle drei Heime liegen im Bereich des Kirchortes St. Mauritius, aus dem auch viele der ehrenamtlichen HelferInnen kommen.

Im Rückblick betrachte ich diese Jahre als eine WIN/WIN Situation. Im Team wurde freier Platz wieder ausgefüllt. Für mich stellten sich neue sinnvolle Aufgaben, die wegen des geringeren Beschäftigungsumfangs aber noch genügend Freizeit ließen.

Ich habe während meiner Dienstzeit in St. Michael auch Besuche in den Altenheimen gemacht. Jetzt erhielt ich noch einmal einen ganz anderen und sehr viel intensiveren Einblick. Ich musste mich allerdings erst an die Lebensweise in den Altenheimen gewöhnen, an den Anblick, an die Besonderheiten und die geltenden Gesetze.

Auf jeden wirkt es anders.

So war ich in der ersten Zeit nach den Besuchen müde, bedeutet doch das Arbeiten in diesem Umfeld auch Auseinandersetzung mit der eigenen Vergänglichkeit und dem Tod, dem man dort nicht selten begegnet. Manchmal kam es dazu, dass ich den einen oder anderen vertraut gewordenen Bewohner beerdigen durfte. Ein Abschied besonderer Art.

Mit der Zeit wuchs ich mehr und mehr in die Aufgaben hinein, machte neue Erfahrungen, lernte die Menschen und ihre oft bewegenden Lebensgeschichten kennen und fühlte mich dadurch immer mehr verantwortlich für das „was ich mir vertraut” machte, so wie Saint Exupèry es im „kleinen Prinzen“ beschreibt.

Eine meiner Aufgaben war, ehrenamtliche MitarbeiterInnen zu gewinnen, die Besuchsdienste oder Dienste in den Gottesdiensten übernahmen. Manche waren schon vor mir da und füllen ihre Plätze seit Jahrzehnten gut und freundlich aus. Manche konnten neu dazugewonnen werden und sind auch geblieben. Hier erwähne ich kurz Sonja Bretz, die mich regelmäßig ins Antoniusheim begleitete, bei den Bewohnern sehr beliebt war und leider 2016 verstarb, beweint von den Menschen, die sie betreute.

2018 durfte ich mehrere Führungen mit potentiellen Ehrenamtlichen durch die Heime anbieten, verbunden mit einer Kurzandacht in den jeweiligen Kapellen und einem gemütlichen Ende in der Cafeteria.

Jede(r) von uns ist beschenkt mit unterschiedlichen Gaben und Talenten.

Ich erinnere mich an eine der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen, die für einige Monate aus den USA zu Besuch in Deutschland war und Menschen kennenlernen wollte. So begleitete sie mich mehrere Male in die verschiedenen Heime. Da sie Fremdsprachen beherrschte, konnte sie bei den Besuchen einen Teil der Bewohner in ihrer Heimatsprache ansprechen. Diese Menschen wurden plötzlich ganz wach und interessiert. Es war, als ob für kurze Zeit ein Fenster zur Welt aufgegangen wäre.

Und Sie, was können Sie gut? Mit welchen Gaben sind Sie beschenkt?

Kranke oder alte Menschen besuchen gehört auch zu den Werken der Barmherzigkeit und es verwandelt auch die Geber. Ein Beispiel: Eine Bewohnerin starb nach langer Krankheit. Ich hatte sie regelmäßig besucht, mit ihr gesprochen, gebetet und gesungen.

Die Beisetzung fand an einem sonnigen Frühherbsttag statt. Wir waren nicht viele, die Betreuerinnen, zwei Verwandte und ich. Auf dem Weg zum Grab spielte der Neffe das Lieblingslied der Verstorbenen auf der Mundharmonika. Wir waren zwar froh, dass ihr Leiden zu Ende war, waren aber gleichzeitig auch traurig, weil wir so vertraut miteinander geworden waren und dadurch auch einen Verlust erlitten.

Ich verabschiede mich heute als hauptamtlich pastorale Mitarbeiterin, werde aber weiterhin im Ludwig-Eibach-Haus ehrenamtlich tätig sein. Wenn Sie jetzt Lust bekommen haben, eines Ihrer Talente und einen Teil Ihrer Zeit in einem der Altenheime zu verbringen, melden Sie sich im Zentralen Pfarrbüro. Es gibt Schulungen oder auch Menschen, wie meine KollegInnen oder mich, die Ihnen dabei gerne weiterhelfen.
Dank an dieser Stelle auch an das Personal der Altenheime und die dort tätigen Ehrenamtlichen für das gute gemeinsame Miteinander, das den Dienst sehr erleichterte.

Zum Schluss der Ehrlichkeit willen: Der Dienst ist nicht immer oder durchgehend leicht. Aber wo ist es schon immer leicht?

Wir können aber mit Gottes und vielleicht auch Ihrer Hilfe etwas daran ändern.

Ihre Ingrid Weber, GR i.R