St. Bonifatius Wiesbaden

In der Bewegung liegt die Kraft

Gemeindebrief, Kinder Familie Minis, Kindertagesstätten, KITASPhilippe Jaeck

Über den Änderungsprozess in der Kita St. Andreas zugunsten der Kinder seit 2018

Als ich im Januar 2018 die Leitung der Kindertagesstätte St. Andreas übernahm, begann für mich und die Mitarbeiter*innen ein Veränderungs- und Anpassungsprozess. Eine Anpassung der unterschiedlichen Voraussetzungen, Vorstellungen, Wünsche und auch Bedürfnisse zwischen Leitung und Team. Eine Anpassung zwischen neuen Ideen und tradierten Arbeitsweisen, zwischen Altbewährtem und Mut zum Neuen, zwischen Träumen, Visionen und Realität. Nach gut zweieinhalb Jahren blicken wir heute auf eine spannende Zeit zurück, in der wir in zahlreichen Konzeptionstagen die pädagogische Arbeit der Kindertagesstätte St. Andreas auf den Prüfstand brachten und das Kind ins Zentrum aller Überlegungen setzten.

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Was braucht ein Kind heute, damit es gesund, gestärkt, positiv und freudig den Übergang von Kindergarten zu Schule, und später in die Arbeits- und Erwachsenenwelt gut meistert? Es braucht Werte, ein gutes Selbstwertgefühl, ein Zugehörigkeitsgefühl aber natürlich auch Regeln und Normen, um ein Verantwortlichkeitsgefühl für sich und seine Gemeinschaft entwickeln zu können. Aber das Wichtigste sind jedoch: liebevolle Erzieher*innen, die das Kind so annehmen wie es ist, mit all den Unterschiedlichkeiten, Voraussetzungen, Wünschen und Bedürfnissen. Es darf und muss sich willkommen und gewollt fühlen, in seiner neuen Gemeinschaft, seiner neuen Lebenswelt, der Kita. In einer Kita, welche die Rechte der Kinder achtet und in der Praxis lebt. Dazu gehört insbesondere das Recht auf Partizipation, also auf die Beteiligung der Kinder bei allen, sie betreffenden Angelegenheiten.

Und was müssen wir, als Kita-Team dafür tun? Wir schaffen Rahmenbedingungen, bei denen Kinder bei der Gestaltung ihres Kita-Tages selbst Entscheidungen treffen können, indem sie die Zeit, den Ort, das Angebot und ihre Spielpartner selbst wählen können. Während wir Erzieher*innen diese Entscheidungsfreiräume den Kindern zugestehen und sie als Experten*innen und Gestalter*innen ihres Tages und letztendlich ihrer Entwicklung anerkennen. Somit fördern wir gezielt die Eigenmotivation und den inneren Antriebsmotor der Kinder, um sich die Welt so, ihrem Entwicklungsstand entsprechend, selbst aneignen zu können.

Hierfür haben wir in den letzten zweieinhalb Jahren das „alte Konzept“ modernisiert. Die festen Stammgruppen, denen die Kinder zugeteilt waren, gibt es nicht mehr, ebenso trennen wir die Hortkinder nicht mehr von den Kindergartenkindern. Allen Kindern steht ein „Offenes Haus“ zur Verfügung, in dem sie nach Interesse und Bedürfnislage Angebote wahrnehmen können oder eben nicht. Jeder Raum hat einen Schwerpunkt und lädt zum erkunden und vertiefen an. Wie der Urvater der „Offenen Arbeit“ Gerd Regel bereits sagte: „… entscheiden die Kinder mit den Füßen …“ und gestalten so ihren Kita-Alltag selbst.

Im Untergeschoss befinden sich ein attraktiver Bewegungsraum, ein Spieleraum für Tischspiele und eine Leseecke, ein Theaterraum mit einer Bühne und das Kinderrestaurant in dem es täglich ein gesundes Frühstücksbuffet gibt, das Mittagessen und den Snack am Nachmittag. Das Mittagessen findet in der Zeit von 11:30 bis 13:45 Uhr statt. Die Kinder teilen sich selbst in Ess-Gruppen ein und haben so stets die Möglichkeit in unterschiedlichen sozialen Kontexten zu sein. Somit wird das Finden von Freund*innen innerhalb der Kita erleichtert. Im Obergeschoss befindet sich der Forscher-Raum mit dem Schwerpunkt Experimente und Medien, ein Künstler-Atelier mit zahlreichen Staffeleien, ein riesiger Bauraum mit dem Schwerpunkt Architektur & Verkehr. Alle Räume werden durchgehend von Facherzieher*innen betreut und bieten so auch den Mitarbeiter*innen viel Raum für die eigene Entfaltung. So können Interessen und Stärken der Erzieher*innen in die pädagogische Raumgestaltung mit einfließen und so wird die Grenze zwischen Beruf und Berufung evtl. immer fließender.

Wir sind ein „offenes Haus“ in dem wir Kindern ihr Recht auf Einzigartigkeit, Individualität, Mitbestimmung, persönliche Freiheit, Bildung, Entwicklung, Förderung, Gesundheit und Gleichheit eingestehen. Sie sind die Akteure und Gestalter ihrer Entwicklung und entscheiden bedürfnisorientiert, aus sich selbst heraus (intrinsische Motivation), welche Angebote sie wann und wie annehmen möchten.

Dieser Prozess war mit vielen Anstrengungen für alle Mitarbeiter*innen verbunden und ist noch lange nicht ausgereift. Dennoch bin ich sehr froh und dankbar, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Mut für Neues aufgebracht, den Prozess der Öffnung mitbegleitet, mitgestaltet und mitgetragen haben. Dafür sage ich herzlichen Dank liebe Kolleginnen und Kollegen, so etwas, in so kurzer Zeit schafft man nur mit einem tollen Team, und das sind wir!

Arkadius Kummer, Kita-Leiter