Das Wesen der Trauer und die eigene Standortbestimmung im Trauerprozess
Im November ist die Zeit, in der man an die Ahnen denkt. An Allerheiligen feiern Katholiken ihre Heiligen, die ihnen als Vorbild dienen. An Allerseelen wird der Verstorbenen gedacht. Traditionell werden sie auf dem Friedhof besucht. In der evangelischen Kirche dient dazu der Totensonntag. Daneben denkt man am Volkstrauertag an die vielen Kriegstoten. Damit wird eine besinnliche Zeit eingeläutet, die zum Andenken und zur Reflexion einlädt. Man rückt in der Familie und im Freundeskreis, wenn es nach dem Rhythmus des Kirchenjahres geht, wieder stärker zusammen. Die Natur tut im Winter ihr Übriges dazu, indem sie nach und nach in eine tiefe Ruhe eingeht.
Doch wie sieht es in uns aus, wenn wir uns an das erinnern, was verloren gegangen ist? Wie fühlen wir uns, wenn wir gerade an diejenigen denken, die in unserem Familien- und Freundeskreis verstorben sind? Wird unsere Stimmung trüb? Müssen wir anfangen zu weinen? Oder brechen viel mehr Gedanken der Freude, Hoffnung und Liebe in uns auf? Ist uns mehr nach Frühling oder mehr nach Winter? Wie fühlt sich das an? Wo sind wir mit unserer Trauer? Darf sie da sein?
All das ist wie es ist. Es darf so sein. Die Gefühle von Freude, Schmerz, Wut und Trauer sind erlaubt. Sie alle gehören zum Wesen der Trauer. Die Trauer verbindet uns mit dem, was nicht mehr da ist und was wir vermissen. Wenn wir sie wirken lassen, kann sie inspirierend sein und uns ein Stückchen näher zu uns selbst führen. Dabei ist ihre Intensität mal stärker und mal schwächer. In all dem kann es uns dienen, an unsere Kraftquellen zu denken, an das, was Erholung bringt: die Musik, das Malen, der Sport, die Natur, der Glaube. Das kann uns helfen, in der Trauer einen Anker zu finden. Suchen wir danach, damit wir die Trauer leben können.
Carola Müller, Gemeindereferentin