St. Bonifatius Wiesbaden

Dolce far niente – Süßes Nichtstun oder Lob der Faulheit

GemeindebriefPhilippe Jaeck

Faulheit zu loben, was fällt dem Pfarrer Ohlig da ein? Natürlich ist Faulheit als Grundhaltung nicht zu loben. Denn das würde bedeuten, eine Haltung auf Kosten Anderer zu leben, gut zu heißen. Aber immer wieder im Leben eine kleine Faulheit einzuschieben, tut gut, ist gut!

Wir sind doch immer in Action. Wer z. B. im Beruf steht, erlebt dort oft genug steigende Anforderungen und Leistungsdruck. Leistung bringen ist die Parole. Selbst im wohlverdienten Sommerurlaub geht es meistens so weiter, wenn auch auf andere Weise. Ob im Partymarathon oder im Aktivurlaub, immer in Action!

Der große geistliche Begleiter Franz von

Sales gibt Menschen in Action einen Rat: „Gehe jeden Tag eine Stunde spazieren! Außer du hast wenig Zeit! – dann gehe zwei Stunden spazieren!“

Das klingt paradox, aber es steckt eine tiefe Weisheit darin. Immer in Action zu sein, geht auf die Substanz, die Akkus werden leer. Das „Spazieren gehen“ steht für ein Stück Faulheit, um die Akkus wieder aufzuladen. Und was vordergründig als Zeitfresser erscheint: zwei Stunden spazieren zu gehen, erweist sich letztlich als Zeitgewinn!

Das italienische „Dolce far niente“ steht ja gerade nicht für eine Haltung, z. B. den ganzen Tag im Bett zu liegen und keine Verantwortung zu übernehmen. Das süße Nichtstun ist eine Haltung, sich immer wieder Zeit für Entspannung, für das Genießen der guten Seiten des Lebens zu nehmen. In diesem Sinne sind die kleinen (Aus-)Zeiten der Faulheit zu loben!

Die kleinen Zeiten der Faulheit laden nicht nur unsere

Lebensakkus wieder auf. Sie helfen uns, nicht weiter vor uns selbst wegzulaufen, sondern wieder zu uns, zur Besinnung zu kommen.

Franz von Sales setzt weiter fort: „Bete jeden Tag eine halbe Stunde! Außer du hast wenig Zeit! Dann Bete eine ganze Stunde!“ Denn unsere kleinen Auszeiten helfen uns, wieder zu uns kommen und damit wieder offen zu sein für Begegnungen.

So werden wir wieder offen zur Begegnung mit Gott. Im Rückzug aus der Action können wir dem Gott begegnen, dessen Name gerade nicht „Leistung“ ist. Nicht Action, auch nicht fromme Action führt uns zu Ihm! „Halt an! Wo läufst du hin? Der Himmel ist in dir, suchst du Gott anderswo, du verfehlst ihn für und für.“ sagt uns der Mystiker Angelus Silesius!

Im geistlichen „Dolce far niente“ werden wir offen für Gott in uns, dem Gott, der auf uns zukommt! „Der Mensch auf dem Weg sagt: er suche Gott, vielmehr sollte er sagen: ich will mich finden lassen! Denn Gott tut nichts anderes, als uns zu suchen!“ (Anonymous).

Wie wär's, den Sommerurlaub zu nutzen und das „Dolce far niente“ mit den kleinen faulen Auszeiten zu lernen, um damit uns im Leben und im Glauben Gutes zu tun!

Pfarrer Matthias Ohlig