Seit fünfzig Jahren teilen sich die deutsche Gemeinde und die portugiesischsprachige katholische Gemeinde in Wiesbaden die Räumlichkeiten am Kirchort St. Elisabeth. Diese Jahre waren geprägt von gegenseitigem Respekt, Zusammenarbeit und gemeinsamen Initiativen.
Im letzten Advent haben die beiden Gemeinden zwei Weihnachtsbäume aufgestellt. Es wurde eine Holzkonstruktion vorbereitet, und während der Sonntagsmessen brachten die Menschen bunte Sterne an. Diese Initiative veranschaulicht nicht nur den Geist unseres Zusammenlebens, sondern motivierte die Gemeinschaften auch zu einem finanziellen Beitrag für Adveniat. Die portugiesischsprachige Gemeinde spendete 685 € an Adveniat und 150 € an das Kindermissionswerk.
Für die Fastenzeit 2022 planen wir, in der Kirche St. Elisabeth eine Tafel mit Kreuzen aufzustellen, die aus Fotos von menschlichen Gesichtern bestehen, begleitet von der Frage: „Wonach hungerst Du?“
Wir leben in einer Zeit des Informationsüberschusses, des Aktivitätsüberschusses, des Sorgenüberschusses, wir sind ständig besorgt, müde, krank und verlieren den Sinn des Lebens. Heute haben wir unendlich viele Möglichkeiten des Konsums; das Angebot an Lebensmitteln, Reisen, Einkaufsmöglichkeiten und Unterhaltung ist groß. Die Lebensbedingungen sind besser als in früheren Generationen und Gesellschaften, aber wir sind immer unglücklich und krank.
Wir können leicht vom Übermaß an Negativität der Depressionen zum Übermaß an Positivität übergehen, das die Coaches verkünden. Wir beschleunigen unsere Aktivitäten mit der Illusion, dass wir die Stunden genießen; das Festhalten an diesen Mechanismen offenbart die Orientierungslosigkeit der Menschen, Einrichtungen und Organisationen, in die wir eingebunden sind. Wir haben so viel, und wir genießen es nicht wie frühere Generationen. Wir haben aus den Augen verloren, was das Leben wirklich nährt. Wissen wir nicht mehr, wonach wir hungern und was das Leben wirklich nährt?
Nur eine Haltung der Unterscheidung kann unsere inneren Verbindungen mit den äußeren Verbindungen wiederherstellen. Nur wenn wir grundlegende Fragen stellen, können wir zu heilenden Antworten und zur Vernunft des Lebens gelangen. Die Fastenzeit lädt uns ein, uns auf uns selbst zu besinnen, um wieder zu entdecken, was das Leben ausmacht.
Im Einklang mit der liturgischen Zeit und im Nachdenken über die Kreuze, die uns diese Zeit auferlegt, laden die portugiesischsprachige Gemeinde Wiesbaden und die deutsche Gemeinde am Kirchort St. Elisabeth uns alle ein, in den Wochen dieser Fastenzeit den Weg der Meditation zu gehen, indem wir uns die Frage stellen: Wonach hungerst Du?
Pe. Celso Anunciação
Comunidade de Língua Portuguesa de Wiesbaden / portugiesischsprachige Gemeinde Wiesbaden