St. Bonifatius Wiesbaden

Was der Kürbis mit einem Topf zu tun hat

GemeindebriefPhilippe Jaeck

Topf

Haben Sie schon einmal einem Töpfer bei der Arbeit zugeschaut oder sogar an einem Töpferkurs teilgenommen? Der Prophet Jeremia besuchte auch eine Töpferei - nicht aus Neugier oder weil er ein Hobby suchte, sondern weil Gott ihm das angeordnet hatte. Er schaute dem Töpfer bei seiner Arbeit zu. Der Töpfer modellierte mit seiner Hand den Ton. Aber nicht jedes Gefäß, das er formen wollte, gelang ihm beim ersten Mal. Als ihm ein Topf missriet, da drückte er den weichen Ton zusammen und begann von neuem. So erhielt der Topf die von ihm beabsichtigte Form. Und während Jeremia dem Töpfer so auf die Hände schaut, da bekommt er etwas zu hören: „Kann ich nicht mit euch verfahren wie dieser Töpfer, Haus Israel?... Siehe, wie der Ton in der Hand des Töpfers, so seid ihr in meiner Hand…“ (18,6).

Alle Menschen sind in seiner Hand. Der Töpfer bestimmt die Form, das Material hat keinen Einfluss darauf. Gott ist der Schöpfer, er hat den Menschen in seiner Hand. Der Prophet Jesaja (45,9) und viel später auch der Apostel Paulus (Röm 9,20) fragen: „...Sagt denn der Ton zu seinem Schöpfer: Was machst du?“; „Sagt etwa das Werk zu dem, der es geschaffen hat: Warum hast du mich so gemacht?“.

Gott erwartet, dass der Ton einen Ton von sich gibt, dass er sich rührt. Wir alle sind eine „formbare Masse“ in der Hand Gottes. Der Ton und der Topf hat also mit Christentum und mit uns zu tun.

Kürbis

Neben den Töpfen – z.B. zu Hause in der Küche oder in den Gärtnereien – sind üblicherweise in dieser Herbstzeit besonders Kürbisse zu sehen. Sie gehören zu den stärksten Symbolen der Erntedankzeit, dienen als Dekoration und werden gerne als Delikatesse verschiedentlich für den Verzehr zubereitet.

Bis der Kürbis am Ende Erntezeit von Orangen und anderen Winterfrüchten verdrängt wird, erscheint er noch einmal in einer höchst ausgeprägten Form: als „Halloween“! Was ist Halloween? – kurz um: das Fest der Finsternis. Und bald ist es so weit: Überall begegnen wir Kürbisköpfe mit Geistergesichtern, Gespenstern, Totenköpfen, Vampiren und anderen Gruselgegenständen. Was meint die Bibel dazu?

Der Kürbis ist eine der ältesten Pflanzen der Welt. Sogar in der Bibel wird er bereits erwähnt. Ursprünglich kommen Kürbisse aus Mittel- und Südamerika, wo sie schon vor geschätzten 8.000 Jahren von den Ureinwohnern Perus und Mexikos angebaut wurden. Sie sind sogar noch älter als Bohnen oder Mais.

Die Geschichte mit dem Töpfer beim Propheten Jeremia inspiriert mich zu einer ähnlichen, christlichen Deutung von Kürbis und Halloween. Hier ist Gott als Bauer, der den Kürbis pflanzt, pflegt, erntet und bearbeitet, und ich bin der Kürbis, der sich von ihm „bearbeiten“ lässt. Dazu muss der Kürbis zunächst ausgehöhlt werden, was geschieht, indem man den Deckel des Kürbisses vorsichtig entfernt und das verwachsene Fruchtfleisch herausnimmt. Dann schneidet man das Gesicht in die hohle Schale: Augen, Mund, Nase und Ohren. Am Ende stellt man ein Licht in den Innenraum der Kürbisschale und merkt, wie diese sowohl das Innere des Kürbisses hell ausleuchtet, als auch das Äußere – durch strahlende Augen, Mund und andere Öffnungen auf der Schale. Man erkennt leicht, wie auf einmal ein Gesicht auf der Kürbisschale leuchtet und strahlt.

So möchte in dieser Kürbiszeit Gott auch uns formen. Es ist eine dunkle, finstere Zeit, die wir in den kommenden Tagen und Wochen durchleben werden. Deshalb braucht diese Zeit Menschen, die sich selbst wie ein Kürbis für Gottes lichtvolle Gegenwart in dieser dunklen Welt umformen lassen: zunächst in ihrem Inneren, um dann nach außen zu leuchten, mit ihrem strahlenden Gesicht, das die dunklen Mächte zu vertreiben hilft.

So hat uns Gott auch Kürbisse gegeben – Erntesymbole, hübsch hergerichtet für die Ambivalenz des Lebens –, dass wir uns an ihnen freuen und auch durch sie den lebendigen Gott feiern, der uns gern hat und uns immer wieder reich beschenkt, z.B. mit einer reichen Ernte, mit lieben Menschen, mit allem, was wir zum Leben brauchen. Und uns auch mit Kürbis einlädt, für seine Botschaft von Leben und Liebe jederzeit auszustrahlen. Unser Glaube lebt vom Sieg Jesu über die Finsternis. Wir brauchen keine Angst zu haben vor finsteren Gestalten, wenn wir ihn haben, wie wir im Psalm 27,1 lesen können: „Der Herr ist mein Licht und mein Heil – vor wem sollte ich mich fürchten?“

Pfarrer Peter Šoltés
Fotos: kapás csilla/EyeEm / Adobe Stock und Philippe Jaeck