St. Bonifatius Wiesbaden

Anders streiten in der Kita St. Michael

Gemeindebrief, Kindertagesstätten, KITASPhilippe Jaeck

Konfliktarbeit mit mediativen Elementen nach dem Bensberger Mediationsmodell

Der 5-jährige Josh kommt aufgeregt zur Erzieherin gerannt. „Frau Meyer, der Max hat mich geschubst!“ So oder ähnlich suchen seit jeher viele Kinder oftmals am Tag Hilfe bei den Erzieher*innen bei ihren Konflikten. Nicht selten bekommt dann Max gesagt: „Hey Max, du weißt doch, dass wir uns hier nicht gegenseitig schubsen.“

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Dabei geht dann allerdings schnell mal unter, dass das hilfesuchende Kind vorher zu Max gesagt hat, er sei doof.

Damit das nicht mehr passiert, erarbeiten die Pädagog*innen in der Kita St. Michael gemeinsam mit den Kindern andere Wege, Konflikte zu lösen.

Das Herzstück der Konfliktarbeit im wahrsten Sinne des Wortes ist der Herzenskreis, der mindestens einmal pro Woche in jeder Gruppe stattfindet. Hier lernen die Kinder spielerisch und unterstützt von zwei Handpuppen, welche Gefühle es gibt, wie man eigene Gefühle wahrnimmt und benennt, wie man Gefühle anderer erkennen kann und auch, wie man einen Streit löst. Zunächst gibt es 3 Regeln:

  • Zuhören!

  • Ausreden lassen!

  • Nicht beschimpfen!

Dann wird jedes Kind befragt, was passiert ist und worüber es sich geärgert hat, bevor der schwierigste Part beginnt: „Sage jetzt (Deinem Konfliktpartner), was Du selbst getan hast!“

Jetzt sagt Max: „Ich habe Dich geschubst, Josh.“ Und Josh sagt: „Ich habe gesagt, du wärst doof, Max.“

Jetzt haben wir es fast geschafft. Die Kinder stellen fest, dass jeder etwas getan hat, was nicht in Ordnung war und dass es am Ende auch egal ist, wer angefangen hat. Im letzten Schritt müssen die Kinder überlegen, was jetzt zu tun ist, um den Konflikt beizulegen. Dabei ist es wichtig, dass beide Kinder mit der Lösung einverstanden sind, egal, ob es ein einfaches „Tut mir leid, ich mache das nicht mehr“ oder ein „Ich male Dir ein Bild“ als Lösung gibt.

Und eine Strafe gibt es auch nicht. Und keine Ansage. Noch nicht mal einen geäußerten Verdacht.

Die Kinder lernen dabei unter anderem, dass sie selbstwirksam einen Konflikt lösen können. Der durch diese Schritte entstehende „Frieden“ hält meist viel länger an und recht bald lösen die Kinder ihre Konflikte dann direkt schon ohne fremde Hilfe.

Diese Konfliktlösungsstrategie nennt man „Erst-Hilfe-im-Streit“. Funktioniert übrigens auch mit Erwachsenen. Und tut auch Erwachsenen nicht weh. Man muss lediglich zugeben können, dass man einen Fehler gemacht hat und das ist, wie Sie bei uns jeden Tag sehen können, kinderleicht.

Christopher Zimmermann, Leiter Kita St. Michael