St. Bonifatius Wiesbaden

Adel verpflichtet

GemeindebriefAutor

Der Mensch als Krone der Schöpfung

Langsam verändert sich die Natur vor unseren Augen. Sie wechselt ihr Farbenkleid von einem saftigen Grün hin zu verschiedenen Rot- und Gelbtönen. Die Früchte des Feldes, der Bäume und Sträucher sind reif zur Ernte. Wir sind für das dankbar, was Gott uns in der Schöpfung schenkt. Dies bringen wir im alljährlich wiederkehrenden Fest Erntedank zum Ausdruck und wir reflektieren, in welchem Verhältnis der Mensch zur Schöpfung steht.

Wie gehen wir Menschen mit Gottes Schöpfung um? Verschmutzer Ozean. Bild: Richard Carey / Fotolia

Wie gehen wir Menschen mit Gottes Schöpfung um? Verschmutzer Ozean. Bild: Richard Carey / Fotolia

In dem Lied „Ich glaube an den Vater“ heißt es dazu in der ersten Strophe: „Er schuf aus Nichts das Leben, den Mensch als Frau und Mann: die Krone seiner Schöpfung. Ich glaube daran”. Ich persönlich stolpere oft über diese Textzeile und frage mich, wie zeigt es sich, dass der Mensch die Krone der Schöpfung ist. In der Genesiserzählung im Alten Testament (Gen 1, 28-29) gibt es hierzu einen Ansatz, wie es sein sollte: Dort segnet Gott die Menschen. Daneben gibt er ihnen den Auftrag sich zu mehren und über die Tiere zu herrschen. Dazu übergibt er ihnen alles als Nahrungsquelle, was auf der Erde wächst. Erich Zenger und Yvonne Sophie Thöne sind sich darin einig, dass es bei diesen Versen nicht um eine Willkürherrschaft geht, die der Mensch gegenüber der Erde ausüben darf. Vielmehr impliziert der Herrschaftsauftrag Gottes an den Menschen ein verantwortungsbewusstes und fürsorgliches Handeln gegenüber der Schöpfung. Bereits im ersten Schöpfungshymnus ist dargestellt, wie genial unsere Erde von Gott erdacht ist. Dabei besteht die Kernbotschaft darin, dass sie ein Ort des Lebens ist, den Gott mit allen Lebewesen teilt und bewohnt.

Die Realität jedoch sah und sieht anders aus. In unserer Welt werden diejenigen, die es nicht so gut haben, im Alltag oft übersehen und ausgeschlossen. Im Namen des Herrn werden Gewalttaten verübt. An vielen Orten auf unserem schönen blauen Planeten herrscht Krieg, weil Menschen von Habgier und Missgunst getrieben sind. Unsere Ozeane sind verschmutzt. Ganze Landstriche, die Lebensraum waren, sind durch die Eingriffe des Menschen zerstört worden und viele seltene Arten in der Tierwelt sind vom Aussterben bedroht. Daneben präsentiert sich der Mensch im Hinblick auf die Haltung der „Nutztiere“ und der Haustiere nicht gerade königlich im biblischen Sinne.

Wenn wir diese Szenarien betrachten, dann frage ich mich, wo dieses verschwenderische Leben des Menschen hinführen wird. Wie sehr soll die Schöpfung noch leiden? Wie soll sie an die nächste Generation weitergegeben werden? Von manch einem Versuch der Rechtfertigung zur Situation unserer Erde und von der Gleichgültigkeit einiger bin ich persönlich erschüttert. Wir Menschen besitzen die Fähigkeit zwischen Gut und Böse zu unterscheiden. Doch nicht jeder nutzt sie. Überdies wird tendenziell auf das eigene Wohl geschaut. Das wird jedoch unserer von Gott gegebenen Königswürde nicht gerecht.

Eines ist bei all dem sicher: Wir sind ein Teil des Systems Schöpfung. Leidet sie, dann leidet irgendwann alles in ihr, so auch wir Menschen. Klar ist auch, dass jeder einzelne von uns nicht die ganze Welt retten kann. Wir werden immer hinter dem zurückbleiben, was es in seiner Absolutheit heißt, Abbild Gottes zu sein. Doch mit diesem Ideal ist uns die Möglichkeit gegeben, uns daran anzunähern. Die Heiligen oder auch die „Helden des Alltags“, die sich bemühen, die Welt Schritt für Schritt besser zu machen, gereichen uns zum Vorbild. Durch ihr Streben Gutes zu tun, machen sie die Gegenwart Gottes spürbar. Sie schenken ihrer von Krisen geplagten Mitwelt Hoffnung und sie machen sichtbar, dass es oft nicht viel braucht, um in der Not Veränderungen herbeizuführen.

Ihrem Beispiel können wir folgen! Dazu gilt es wachsam zu sein. Wir können uns im Kleinen fragen: Wer ist mein Nächster? Wie möchte ich ihm begegnen? Wo erkenne ich in meiner Umgebung Not? Wie kann ich mich engagieren, um sie zu lindern? Was kann ich als Konsument dazu beitragen, dass die Umwelt erhalten bleibt und die darin lebenden Mitgeschöpfe ihrer Würde entsprechend gut behandelt werden? Bei all diesen Fragen ist die Liebe der Maßstab und das Ziel. Sie ist die treibende Kraft, die uns den Ruf dessen hören lässt, der größer ist als wir. Papst Franziskus schreibt dazu in seiner Enzyklika Laudato Si´, dass sich durch die Liebe ein „solidarisches Empfinden“ für unseren Nächsten entwickelt, sie erweitert das „Bewusstsein für die uns allen anvertraute Sorge um das Haus Gottes“ und sie versetzt in Bewegung. Lassen wir diese Liebe als Zeichen des Dankes für unsere Schöpfung in uns wirken, damit wir ihm zu Ehre in unserem persönlichen Leben immer mehr Gottes Ebenbild werden - denn Adel verpflichtet!

Carola Müller, Gemeindereferentin