St. Bonifatius Wiesbaden

Karneval

Mit Humor zeigen, wer man ist

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Fasnacht mit seinem Brauchtum: Wie Verkleidung in Fasching und im Alltag wirkt

Die fünfte Jahreszeit, die auch als Karneval, Fasching oder als Fasnacht bezeichnet wird, kommt im kirchlichen Jahreskreis nicht vor. Doch sie steht mit ihm in Verbindung. Darauf weisen die unterschiedlichen Begriffe für die fünfte Jahreszeit hin. Das Wort Karneval wird im Rheinland verwendet. Es leitet sich aus dem Lateinischen „carne levare“, zu Deutsch „Fleisch entziehen“, ab. Die Bezeichnung Fasching stammt aus dem 13. Jahrhundert und kommt aus dem bayrischen Raum. Dort hat man zunächst „vaschanc“ oder „Fastenschank“ gesagt. Für den Begriff Fasnacht gibt es Hinweise, dass er mit dem Wort „faseln“, also gedeihen, fruchtbar sein in Verbindung steht. Mit der Fasnacht wurde laut der Webseite „Theology“ in ganz Deutschland ein Vorfrühlings- und Fruchtbarkeitsfest gefeiert. Das wurde von der Kirche im 12. Jahrhundert eingegrenzt, woraufhin sich die Bedeutung „Nacht vor dem Fasten“ für die Fasnacht herausgebildet hat.

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Die drei Bezeichnungen Karneval, Fasching und Fasnacht deuten auf die 40-tägige Fastenzeit hin, vor der nochmal richtig gefeiert wird. Mit Blick auf die augustinische Lehre vom Zwei-Staaten-Modell wurde die fünfte Jahreszeit seit dem Mittelalter von der Kirche als didaktisches Beispiel genutzt. Die Fasnacht stand für die civitas diaboli, den Staat des Teufels. Dieser, wie auch der Mensch sind endlich, während Gott immer siegreich bleibt. Deshalb hat die „närrische Zeit“ mit dem Aschermittwoch ein Ende.

Überall, wo die närrische Zeit gefeiert wird, gibt es unterschiedliche Gebräuche, die sich wechselseitig beeinflusst haben. Zum Einen war die Fasnachts- und Karnevaltradition zunächst hauptsächlich in katholisch geprägten Regionen verankert. Das hat sich geändert. Zum Anderen gab es ursprünglich mehr im rheinischen die großen Karnevals­umzüge mit Motivwagen. Diese Art Umzüge zu gestalten, hat sich nunmehr besonders in Großstädten etabliert. In der schwäbisch-alemannischen Fasnacht sind die Umzüge eher kleiner und bodenständig. Das hier eingesetzte Narrenkostüm mit Holzmasken wird jedes Jahr wiederverwendet. Solch ein Kostüm wird von Generation zu Generation weitervererbt. Zu den ältesten dieser Kostüme zählt die Hexe. Im Fasching wiederum sind bei der Verkleidung keine Grenzen gesetzt. Alles ist erlaubt. Man kann sich als Cowboy, als Clown, als Pirat oder als Prinzessin verkleiden. Daneben gibt es die wundervollen Prinzen- und Gardekostüme, die aus den Prunksitzungen- und Bällen vom Karneval bekannt sind.

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Das Verkleiden ist, wie man an Fasnacht sehen kann, besonders beliebt. Es macht Spaß und bringt Abwechslung in das tägliche Leben. Im Tierreich dient die Verkleidung als Überlebensstrategie. Die Tiere passen sich damit an die Umgebung an, um vor Fressfeinden geschützt zu sein oder sie möchten andere Tiere anlocken und imponieren. Für uns Menschen ist das Kostüm eine Möglichkeit seine Identität zu erweitern und sich zu verwandeln. Man hat die Gelegenheit in eine andere Rolle hineinzuschlüpfen, man kann sich ausprobieren und man kann sein soziales Umfeld täuschen. Ferner sind Kostüme, wie die aus der schwäbisch-alemannischen Fasnacht, aus mystisch-religiösen Beweggründen entstanden, um böse Geister zu vertreiben. Durch Verkleidung wird zudem der Status einer Person aufgehoben. Dies war früher viel ersichtlicher als heute, weshalb man im Mittelalter und in der Renaissance den Karneval genutzt hat, um gesellschaftliche Grenzen zu überschreiten. Im Fasching sorgen Kostüme heute vor allem für ein buntes Bild, das gerne angeschaut wird.

Doch man muss sich nicht unbedingt äußerlich sichtbar kostümieren, um verkleidet zu sein. Auch mit dem eigenen Verhalten ist es möglich, im persönlichen sozialen Umfeld eine Maske aufzusetzen. Es kann, wie im Tierreich zum Schutz der eigenen Person dienen. Vielleicht möchte man seine Emotionen oder die eigene Unsicherheit verbergen. Mit einer innerlichen Maskerade, die man durch Gestik und Mimik unterstreichen kann, ist es möglich, nach außen hin stark zu wirken. Manchmal merken Menschen nicht, dass ihr Verhalten vielleicht wie aufgesetzt wirkt, so als hätten sie eine Maske an. Ihre Art, sich auf eine bestimmte Weise zu benehmen, kann durch erlernte Verhaltensmuster ausgelöst worden sein, die sich nun unbewusst zeigen. Auch die berufliche Rolle kann jemanden dazu bringen, so aufzutreten, als hätte man ein Kostüm an. Wer einen klar definierten Beruf hat, wie zum Beispiel den des Lehrers, der Ärztin, des Priesters oder der Polizistin, in den werden allerlei Erwartungen hineinprojiziert. Das sind Erwartungen, wie sich jemand in solch einer Rolle zeigen sollte. Durch Uniformen lässt sich zusätzlich eine bestimmte Außenwirkung unterstreichen. Aber nicht nur der Arbeitsplatz, sondern auch familiäre Strukturen bringen Große, wie Kleine dazu, in eine bestimmte Rolle hineinzukommen. Sie können dazu führen, dass wir uns im Alltag, ganz ohne Fasching, in einer besonderen Weise zeigen, eben so, als wären wir wie verkleidet. Vielleicht tun wir dies bewusst, um nach außen hin eine bestimmte Wirkung zu erzielen. Vielleicht tun wir dies unbewusst und brauchen eventuell jemanden, der uns liebevoll den Spiegel hinhält. Fasnacht ist eine Zeit des Feierns und des Fröhlichseins. Passend dazu sagt Papst Franziskus: „Ich kann mir keinen Christen vorstellen, der nicht lachen kann.“ Der Humor, den der Christ sehr gerne haben darf, kann helfen, sich zu zeigen, so wie man ist, ganz ohne eine aufgesetzte Maske. Dort, wo Menschen mutig zeigen, wer sie sind, entsteht Beziehung zu Gott und zum Nächsten.

Carola Müller, Gemeindereferentin