Zum (vorläufigen) Abschluss unserer Entdeckungsreise durch die Ökumenelandschaft unserer Pfarrei soll nun der Blick geweitet werden, quasi über den „Tellerrand“ hinaus. In unserer Stadt leben wir nicht nur mit Menschen christlichen Glaubens zusammen. Dem Dialog mit den anderen Religionen, der auch unserem Papst am Herzen liegt, soll nun Raum gegeben werden.
Thomas Weinert, Referent der Stadtkirche berichtet über seine Kontakte mit anderen Religionen in Wiesbaden, besonders über den Christlich-jüdischen Dialog, aber auch wo noch Entwicklung nötig ist.
Ökumene in Wiesbaden heißt nicht nur katholisch – evangelisch. Abgesehen davon, dass diese Definition für das heutige Verständnis von Ökumene viel zu eng gefasst ist, stimmt sie in Wiesbaden schon gar nicht. Je etwa 20 % der Wiesbadener:innen gehören der evangelischen und katholischen Kirche an. Etwa 13 % der Bevölkerung sind muslimischen Glaubens. Bemerkenswert ist die Feststellung, dass die Mehrheit der Wiesbadener keiner der beiden großen Kirchen angehört.
Innerhalb der christlichen Kirchen hat sich gerade in den zurückliegen Jahren eine bemerkenswerte Vielfalt entwickelt. Diese Entwicklung gilt insbesondere für die orthodoxen Kirchen. Weithin sichtbar dokumentieren diese Präsenz die russisch-orthodoxe Kirche auf dem Neroberg und syrisch-orthodoxe St. Jesaja-Kirche in Dotzheim.
Zum ökumenischen Miteinander in Wiesbaden gehören unverzichtbar unsere „älteren Geschwister“ (Papst Johannes Paul II.), die Juden. Gerade in der heutigen Zeit ist die Beziehungspflege hier von besonderer Bedeutung. Zentrale ökumenische Einrichtung auf christlicher Ebene ist die Wiesbadener Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen. Ihr gehören 17 Mitgliedskirchen an.
Auf seelsorglicher Ebene sind Telefon-, Krankenhaus- und Polizeiseelsorge bewährte ökumenische Selbstverständlichkeit. Das ökumenische Team in der Krankenhausseelsorge arbeitet auch mit der muslimischen Seelsorge (Muse e.V.) zusammen. Die Feier und das Zeugnis des Glaubens sind für die Kirchen unerlässliche und identitätsstiftende Vollzüge. Daraus erwächst auch ein soziales, diakonisches Engagement, das in der Stadt von Bedeutung ist. In der zurückliegenden Visitation ist das beim Besuch des Bischofs auch benannt und gewürdigt worden.
„Den Glauben anbieten in der heutigen Gesellschaft“, so haben die französischen Bischöfe 1999 Aufgabe und Möglichkeit der Kirche von heute überzeugend ins Wort gebracht. Das lässt sich zweifelsohne als Grundlage ökumenischen Handelns formulieren. Der ökumenische Rat hat 1983 in Vancouver zu einem konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung aufgerufen. Dass diese Ziele vor 40 Jahren formuliert wurden, darf als prophetisch verstanden werden. Unser ökumenisches Miteinander und Bestreben sollte sich auch diesen Zielen verpflichtet wissen.
Thomas Weinert, Stadtkirchenreferent