St. Bonifatius Wiesbaden

Charismen entdecken, ansprechen lernen

Gemeindebrief, Gesichter der PfarreiPhilippe Jaeck

Michael Franz arbeitet vier Wochen als Praktikant in St. Bonifatius

„Erlösung ist ja schön und gut, aber die Frage ist: Wie kommt das bei uns Menschen an?“ So in etwa leitete Pfarrer Nebel bei einer Firmstunde zum Thema Kirche, Sakramente und Heiliger Geist über. Ich denke, diese Frage ist sehr zentral. Was spricht die Menschen in ihrer Individualität an? Wie können wir die Botschaft Jesu ansprechend leben?

Ich bin Michael Franz, 23 Jahre alt, und absolviere im Rahmen des Bewerberkreises für die PastoralreferentInnen im Bistum Limburg ein vierwöchiges Praktikum bei Ihnen. Wenn Sie diesen Gemeindebrief in den Händen halten, wird das Praktikum, in dem ich Ihre Antworten auf diese Fragen erfahren durfte, leider schon vorbei sein.

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Mit der Frage, wer uns da anspricht, beschäftige ich mich seit acht Semestern Theologiestudium in Sankt Georgen (Frankfurt). Gegen Ende meiner Schulzeit stand für mich fest, dass ich Pastoralreferent werden möchte. Diese Entscheidung hielt sich auch nach einem Jahr entwicklungspolitischen Freiwilligendienstes im Regenwald Costa Ricas. Die Zeit dort, der Austausch mit einer völlig fremden, indigenen Kultur und fremdem Glauben hat mich sehr geprägt. Wer mit Menschen anderer Kulturen zusammenleben will, braucht ein großes Maß an Offenheit und den Willen, den anderen zu verstehen, ohne ihn direkt ändern zu wollen. Kulturelle Pluralität habe ich auch in St. Bonifatius in für mich neuer Weise erfahren. Ich komme aus Burg Hohenstein im Untertaunus, wo ich viele verschiedene und gute Gemeindeerfahrungen machen durfte. So viel kulturelle und sprachliche Vielfalt auf kleinem Raum ist aber eine Besonderheit der Stadt – mit all ihren Vor- und Nachteilen. Gelingen kann das Zusammenleben dann, so mein Eindruck, wenn freundlich interessierter Austausch ermöglicht wird, wie beispielsweise beim Familiencafé.

Ein weiterer Aspekt, den ich hier neu erfahren durfte, ist die Umstrukturierung, die momentan in vielen Pfarreien und auch im Beruf der Pastoral- und GemeindereferentInnen stattfindet. Aus meiner Heimatgemeinde kenne ich, wie langwierig und zäh ein Pfarreiwerdungsprozess sein kann und wie sehr die Folgen der Umstrukturierung andauern können. St. Bonifatius ist in diesem Prozess ja schon länger unterwegs, aber auch hier ist vieles im Wandel. Aus eigener Erfahrung kenne ich die Spannung zwischen Verwurzelung an einem Kirchort und dem Willen zu gesamt-pfarreilicher Zusammenarbeit. Ein Blick von außen so tief in die Pfarrei hilft mir dabei, zu sehen, wo ich selbst versuche, meine eigene Verwurzelung „gegen“ andere zu verteidigen und wo mehr Zusammenarbeit möglich wäre.

Ich durfte in St. Bonifatius sehr viele Menschen mit sehr verschiedenen Begabungen und Interessen kennenlernen. Ich weiß von mir selbst, dass ich oft dazu tendiere, die eigenen so stark wie möglich durchzusetzen. Ich habe aber erfahren dürfen, wie viel Positives entstehen kann, wenn Menschen ihre Charismen, ihre Begabungen als Gaben für andere einsetzen und zusammenarbeiten. Die gemeinsame Planung einer Unterrichtseinheit durch Religionslehrer:innen verschiedener Schulen, der Jugendkirche Kana und Johannes Marx als Mitarbeiter der Gemeinde sind hier gute Beispiele. Das Ergebnis werde ich leider nicht sehen können, aber ich bin sicher, dass diese Kooperation zukunftsweisend ist.

Für diese und ähnliche Erfahrungen, für all die Begegnungen und Gespräche, für die Offenheit und Begleitung während der vier Wochen bin ich sehr dankbar! Ich wünsche Ihnen, dass Sie auch weiterhin Menschen ansprechen und Ihre Begabungen entfalten können. Und ich hoffe, dass die Wandlungsprozesse, die derzeit stattfinden, dies ermöglichen und fördern.

Michael Franz, Praktikant