St. Bonifatius Wiesbaden

Und alle schreiben mit …

Aus dem Leben der Pfarrei, GemeindebriefPhilippe Jaeck

Wir hatten Sie, liebe Gemeindemitglieder, hier im letzten Gemeindebrief aufgefordert, uns Ihre Erlebnisse, Anregungen und Meinungen zu schreiben. Wie es Ihnen zur Corona-Zeit erging/ergeht,mit der Kirche und überhaupt. Im letzten Gemeindebrief hatten wir dazu einen schönen, intensiven Text von Pfarrer Meister bekommen und abgedruckt. Dieser Text, bzw. der darin erwähnte Verweis auf „dunkle Seiten der Schöpfung“ hat unser Gemeindemitglied Paul Bispham inspiriert und auch ein bisschen herausgefordert zu antworten! Ich finde es sehr schön, wenn auf diese Weise über unseren Gemeindebrief Dialog, Kommunikation und Austausch zustande kommt. Bitte weiter so!

Ihr Stefan Herok

Die Schöpfung hat keine dunklen Seiten

Die Bibel sieht und beschreibt die Schöpfung als ein einziges Geschehen, sozusagen „am Stück“. Sieben Tage, das war’s (siehe Buch Genesis 1,1-2,4a). Die Schöpfung ist aber in der Realität ein langsamer und kontinuierlicher Prozess, der bis heute andauert und immer weiter fortschreitet. So langsam, dass nur der Eindruck entsteht, alles sei auf einmal fertiggestellt worden. Dem aber ist nicht so: Berge werden vom Wasser abgetragen, um von neuem gebildet zu werden. Nur so bleibt unsere Erde in ihrer wunderbaren Vielfalt erhalten. Sonst hätten wir eine Kugel mit einer 3 km Wasserschicht obendrauf und kein trockenes Land, auf dem wir wohnen könnten.

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Nein, um die Welt so zu erhalten, muss sie kontinuierliche Schöpfung sein. Diese kontinuierliche Schöpfung hat keine dunklen Seiten. Sie hat nur schöne Seiten, gefährliche ja, aber trotzdem schön. Um die Berge zu erneuern, muss die Erdkruste sich bewegen, dies bedeutet natürlich Erdbeben und Vulkane. Wir Menschen waren aber nicht aufgefordert (und vielleicht schlecht beraten…) unsere „Betonklötze“ in die Nähe von Vulkanen zu bauen. Unser menschlicher Verstand hatte uns aber gezeigt, dass dort, wo Vulkane sind, die Erde am fruchtbarsten ist. Wir Menschen akzeptieren deswegen also, die Gefahr dort zu leben. Sturmfluten sind Ergebnisse der Wechselwirkung zwischen Mond und Wetter. Automatische physikalische Prozesse, die die Erneuerung der Erdoberfläche vorantreibt.

Und wenn doch dunkle Seiten…

Und jetzt zu der wirklichen dunklen Seite: Der Mensch.

Wir haben vergessen, dass wir ein Teil der Schöpfung sind. Wir können Teile nicht willkürlich zerstören, ohne selbst zerstört zu werden. Vergessen wir nicht, dass der Mittelmeerraum früher dicht bewaldet war und es war der Mensch, der dieses einmalige Paradies über mehrere tausend Jahre vernichtet hat, um das heutige Aussehen und die heutigen Situationen zu verursachen.

Und jetzt zu Bakterien und Viren. Die kleinsten Arbeiter der Schöpfung können wir nicht mit dem bloßen Auge sehen und trotzdem schützen sie unsere Haut und verdauen unser Essen für uns. Genauso wie Säugetiere sind fast alle harmlos, wenn wir ihnen aus dem Weg gehen. Ohne Abstand wäre auch ein hungriger Löwe gefährlich. Aber wir begeben uns nicht in diese Gefahr, da wir den Löwen sehen können. Wir müssen den gefährlichen Lebewesen – und sind sie noch so klein - aus dem Weg gehen, genauso wie den Löwen.

Nein, ich sehe also keine dunkle Seiten. Die Schöpfung ist ein einziges, kontinuierlich sich entwickelndes „Gesamtkunstwerk“, das von Schönheit strahlt. Inzwischen kennen wir die Gefahren und können ihnen meistens aus dem Weg gehen. Wir tun es leider nicht immer.

Dunkel ist nur, wo kein Licht ist. Das Licht dorthin zu bringen, ist unsere Aufgabe.

Paul Bispham

Foto: Tony Northrup/Adobe Stock