St. Bonifatius Wiesbaden

Tanz

Ich will Gesang, will Spiel und Tanz!

GemeindebriefPhilippe Jaeck

Im Leben und deshalb auch im Glauben fallen Freude und Trauer oft zusammen.

Bei dieser Überschrift kann man denken: mal wieder ein Artikel zur Fastnacht! Es ist ein Artikel zur Fastnacht, zugleich aber auch zur Fastenzeit. Wir sind gewohnt, nach den Thesen des biblischen Weisheitslehrers Kohelet zu leben: „Alles hat seine Zeit - eine Zeit zum Weinen und eine Zeit zum Lachen, eine Zeit für die Klage und eine Zeit für den Tanz” (Kohelet 3,4).

Es macht Sinn, den Jahreslauf in geprägten Zeiten, die den Blick auf diese verschiedenen Zeiten lenken, einzuteilen. Hier die Freude, der Tanz, da der Ernst, die Klage, die Umkehr. Doch lassen sich im Leben und damit im Glauben die Zeiten nie so säuberlich trennen. Das ist aber auch gut so.

Die Überschrift ist der deutschen Übersetzung eines Chansons des belgischen Chansonniers Jacques Brel Le Moribond (der Sterbende, der Todgeweihte) entnommen. Dieser Sterbende verabschiedet sich von seinem Freund, seinem Pfarrer, dem Geliebten seiner Frau und von seiner Frau. Der Refrain gipfelt in den Worten:

Ich will Gesang, will Spiel und Tanz,
will, daß man sich wie toll vergnügt.
Ich will Gesang, will Spiel und Tanz,
wenn man mich unter‘n Rasen pflügt.
(Fassung des Berliner Sängers Klaus Hoffmann, der das Chanson in Deutschland populär machte)

In krasser Deutlichkeit lässt Brel die Zeiten der Freude und des Tanzes mit der Zeit des Abschiednehmens, der Klage zusammenfallen. Das klingt uns zuerst durchaus befremdlich. Doch ich bin überzeugt, dass dies durchaus eine Glaubenshaltung ist. Wenn auch sicherlich der Text von Brel nicht von der österlichen Hoffnung geprägt ist, so könnte doch unser Glaube ihn verständlich machen.

Wie es Sinn macht, in der Fastnachtszeit den Ernst zu entdecken und zu leben, so macht es auch und gerade in der Fastenzeit Sinn, die Freude zu leben. Sagt uns Jesus nicht: Wenn ihr fastet, macht kein finsteres Gesicht (Matthäus 6,16)?

Mir fällt da auch der König David ein, der mit seiner Harfe den Schwermut des Königs Saul besänftigte und später beim Einzug der Bundeslade in seine Hauptstadt, ein doch ernster und würdig zu begehender Augenblick, halbnackt vor der Lade her tanzt! Seine Frau Michal findet das nur peinlich und macht ihm Vorhaltungen. Die Antwort darauf ist, dass Sie keine Kinder bekommen kann. Ihre Haltung ist unfruchtbar! (2 Samuel 6,12-23)

Auch der Heilige Franziskus ist hier zu nennen, der nach der grausamen Erfahrung mit dem „Bruder Feuer”, man hatte ihm als letztlich unwirksames „Heilmittel” die Tränenkanäle mit glühenden Eisen ausgebrannt, beginnt, Gott durch diesen Bruder zu loben!

Ein weiteres Vorbild ist auch Philipp Neri, dem Goethe in seiner Italienischen Reise als „humoristischen Heiligen” ein ganzes Kapitel widmet. Er beschreibt Philipp Neri als einen Heiligen, in dem „das Heilige mit dem Weltlichen, das Tugendsame mit dem Alltäglichen sich vereinigen und vertragen”.

Versuchen wir, in unserem Leben dieser Haltung in den unterschiedlichen Zeiten näher zu kommen. Nutzen wir Fastnachts- und Fastenzeit dazu!

Pfarrer Matthias Ohlig