St. Bonifatius Wiesbaden

Theologie Spiritualität

Christ, erkenne deine Würde!

Gemeindebrief, Theologie SpiritualitätPhilippe Jaeck

„Christ, erkenne deine Würde! Du bist der göttlichen Natur teilhaftig geworden. Kehre darum nicht mehr zurück in die degenerierte Lebensform deiner alten Niedrigkeit. Denke daran, dass du der Gewalt der Finsternis entrissen bist und hineingenommen bist in Gottes Licht und Gottes Königreich!“ Mit diesem 1600 Jahre alten Wort Papst Leos des Großen ist der Kern und die Bedeutung des Osterfestes beschrieben.

Das berührende Zeichen der brennenden Osterkerze am Beginn der Osternacht zeigt es uns: Christus hat die Finsternis des Todes besiegt: Der Herr ist wahrhaft auferstanden. Und indem er, Christus, die Finsternis des Todes besiegt hat, hat er auch uns aus der Gewalt der Finsternis gerissen. Seine Auferstehung von den Toten ist nicht bloß ein Ereignis, das Jesus allein beträfe; nein: In seinem Kreuzestod und in seiner Auferstehung hat Christus den Tod besiegt, ein für allemal, für immer und für alle! Und so entzünden wir unsere Kerzen an diesem Licht der Osternacht und es wird hell.

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Die Auferstehung des Herrn ist der Identitätskern des christlichen Glaubens. Man kann kein Christ sein, wenn man nicht an die Auferstehung Christi glaubt. Der Apostel Paulus schreibt dies ganz deutlich: „Wenn Christus nicht auferstanden ist, dann ist euer Glaube sinnlos. Nun aber ist Christus von den Toten auferstanden.“ Was bedeutet das?

Hätte der Tod das letzte Wort über unser Leben, dann wäre nicht nur unser Glaube, sondern unser ganzes Leben sinnlos; dann wäre der Mensch nicht mehr als ein tragisches Produkt der Natur, dessen Existenz immer und notwendig im Scheitern des Todes verendete. In letzter Konsequenz wäre auch alles, was uns so wichtig erscheint, insgesamt bedeutungslos: Dann gäbe es keine Hoffnung auf eine letzte Gerechtigkeit und keine wirkliche Antwort auf die Frage, warum wir gut sein sollen, dann gäbe es keinen unsere Existenz umgreifenden Sinn, keine Hoffnung auf das im tiefsten Sinne verstandene Glück, nach dem der Mensch ein Leben lang ausgreift. Ja wenn der Tod das letzte Wort im Leben hätte, dann wäre auch Liebe im Sinne echter Hingabe und Selbstlosigkeit riskante Verschwendung des eigenen Lebens und möglicherweise verbunden mit der ständigen Angst, selbst zu kurz zu kommen.

Aber es ist anders! Das ist Ostern: Denn mit der Auferstehung Jesu haben wir die Schwelle der Hoffnung überschritten und sind zur gläubigen Gewissheit gekommen, dass der Tod nicht mehr das letzte Wort über unser Leben hat. Und damit ist uns auch alles andere wieder geschenkt. Das Leben hat einen Sinn, weil es sein Ziel in der Auferstehung, in der Ewigkeit Gottes hat. Und Liebe ist nicht mehr riskante Verschwendung sondern Erfüllung und Vollzug der eigentlichsten Bestimmung unseres Menschseins, ja ein immer mehr heimisch werden in jener letzten Heimat, die uns durch die Auferstehung Jesu bei Gott bereitet ist, denn Gott ist die Liebe. So ist Ostern auch der unaufgebbare Bezugspunkt wahrer Menschlichkeit. Von Ostern her kann der Mensch erst wirklich Mensch sein.

In der Taufe haben wir Ostern gleichsam als unsere neue Identität angenommen. Ostern: Das ist die Würde des Christen! Entzündet vom österlichen Licht können wir dieses Licht ausbreiten und zu neuen Menschen der Liebe und des Lebens werden. Lassen wir es uns im Schein der Osterkerze nocheinmal sagen: Christ, erkenne dein Würde, denn du bist hineingenommen in Gottes Licht und Gottes Königreich.

So wünsche ich Ihnen – auch im Namen unserer Mitarbeiter – ein frohes und gesegnetes Osterfest.

Klaus Nebel, Pfarrer