St. Bonifatius Wiesbaden

Wunder

„Da sprungen due huener zu hant ab dem spiesz…“

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Die Legende vom Galgen- und Hühnerwunder des Heiligen Jakobus.

Le miracle de la résurrection des poulets rôtis. [Public domain], via Wikimedia Commons

„Ich bin dann mal weg“ ...
Das wird für viele von uns in diesem Sommer wieder ein Thema sein. Nicht nur die Pilger von heute, sondern auch die vergangener Zeiten hofften auf ein gutes Gelingen ihrer Reise, nicht zuletzt auf ein unbeschadetes Vorwärtskommen und ein sicheres Erreichen ihres Zieles. Seit mehr als tausend Jahren pilgern die Menschen über die Pyrenäen durch Spanien zum Grab des Apostels Jakobus in Santiago de Compostela. Eine Wanderung, getragen vom Glauben, zwischen Natur und Nächstenliebe.

In den letzten Jahren erlebt der Jakobsweg einen regelrechten Ansturm. Hauptziel der Wallfahrt ist die Kathedrale von Santiago, wo die Gebeine des Apostels Jakobus ruhen. Der Heilige, Patron aller Pilger, wird meist mit Hut, daran befestigter Muschelschale, Pilgertasche und Stab abgebildet. Nur wenigen ist indes im Zusammenhang mit der Gestalt des Heiligen Jakobus d. Ä. das sogenannte „Hühnerwunder“ bekannt wie es sehr anschaulich eine Bildtafel im Colmarer Musée Unterlinden mit dem schönen Titel „Le miracle de la résurrection des poulets rôtis“ vorstellt. Eine Auferstehung gebratener Hühner? Was hat es damit auf sich?

Die in unterschiedlichen Variationen bekannte Legende erzählt folgendes: Eine deutsche Pilgerfamilie kehrt auf dem Weg zum Grab des heiligen Jakobus in eine Herberge in der Stadt Toulouse ein. Der bösartige Wirt – seit dem 15. Jahrhundert auch seine vom Sohn der Familie verschmähte Tochter - steckt ihm heimlich einen silbernen Becher in den Rucksack. Der so inszenierte angebliche Diebstahl wird entdeckt, der Sohn angeklagt, verurteilt und gehängt.

Als der Vater, nach anderen Erzählungen beide Eltern, nach vollendeter Pilgerfahrt, nach 36 Tagen, wieder in Toulouse eintreffen, finden sie ihren Sohn lebend am Galgen hängen.
„Liebster Vater, (...) mir war nie so wohl: wisse, Sanct Jacob hat mich bis zu dieser Stunde gehalten und mich erquicket mit himmlischer Süßigkeit“, erklärt der Sohn seinen erstaunten Eltern. Diese eilen zum Richter, der dies nicht glauben mag und sagt: „Euer Sohn ist genau so tot, wie die zwei gebratenen Hühner, die gerade aufgetischt werden.“ In dem Moment, als er das sagt, wachsen den Brathendln wieder Federn, und sie flattern vom Spieß bzw. vom Teller des Richters durch das Fenster hinaus. Der Jüngling wird vom Galgen gebunden, während der Schuldige seine gerechte Strafe findet.

Das Galgenwunder wird im Mirakelbuch des Codex Calixtinus (2. Buch des Liber Sancti Jacobi) aus dem 12. Jahrhundert als erstes von insgesamt zweiundzwanzig Wundern erzählt, die der Heilige Jakobus bewirkt haben soll. Auch die 1293 verfasste Legenda Aurea des Jacobus de Voragine kennt dieses Ereignis.

Das Hühnerwunder schildert auch eine Darstellung auf der Rückseite des Zwölf-Boten-Altars in der Kirche St. Jakob in Rothenburg ob der Tauber. Und erst 2002 wurde an der Südwand der Jakobuskapelle in Wöllstein, gelegen am fränkisch-schwäbischen Jakobsweg von Würzburg nach Ulm, ein großes Gemälde Sieger Köders mit der Darstellung des Hühnerwunders angebracht.

Gedenktag des Heiligen Jakobus Major, Sohn des Zebedäus und der Maria Salome, ist der 25. Juli.

Dr. Simone Huseman