St. Bonifatius Wiesbaden

Gemeindebrief

Fastnacht

Karnevalszeit und Fastenzeit

GemeindebriefKatarzyna Klöckner

Liebe Gemeinde,

die Weihnachtszeit ist kaum vorbei, da befinden sich die Freunde von Karneval und Fastnacht schon mitten im närrischen Treiben.

Ganz besonders in einer kurzen Session wie in diesem Jahr, die mit dem Aschermittwoch am 14. Februar schon wieder vorbei ist.

Die Sorgen des Lebens für eine Weile vergessen, die Last des Alltags abschütteln und einfach einmal richtig fröhlich sein – diesem Anliegen haben sich unzählige Karnevalveranstaltungen verschrieben. In keiner Zeit wird das Sehnen des Menschen nach Freude, Glück und Leichtigkeit des Lebens so augenscheinlich wie in den Karnevalstagen.

Schon in der Antike galt die Freude der Seele als höchstes Ziel, nach dem es zu streben gilt. Viele große Denker haben sich mit der Frage beschäftigt, wie solch ein Lebensglück zu erreichen sei – zum Beispiel Epikur, der sogar eine Philosophie der Freude entwickelte.

Während sich antike Philosophen vor allem auf die Frage konzentrierten, welche Dinge die Freude hemmen und deshalb zu vermeiden sind, wendet die christliche Tradition den Blick von Anfang an in eine andere Richtung. In der Bibel ist von unaussprechlicher und vollkommener Freude die Rede, die nur in Gott zu finden ist.

Im Galaterbrief wird die Freude als Frucht des Geistes vorgestellt, zusammen mit Liebe, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte und Treue (Gal 5,22).

Also eigentlich kein Wunder, dass Karneval und Fastnacht ganz besonders in den katholischen Hochburgen groß gefeiert wird. Denn die „Message“, die die Kirche in die Welt tragen will, ist die frohe Botschaft. In ihr geht es ganz wesentlich um die Freude. Das wird für mich nochmal besonders deutlich in einer kurzen Session wie in diesem Jahr. Denn durch die Nähe zu Weihnachten ist noch ganz präsent, was der Anlass zur Freude ist: Gott wird Mensch als Kind in der Krippe von Bethlehem. Er liebt die Menschen so sehr, dass er gar nicht anders kann, als einer von ihnen zu werden und sie am Ende durch seinen eigenen Tod am Kreuz vom Tod zu erlösen. Damit hat der Tod keine Macht mehr über die Menschen, den Menschen erwartet ein Leben ohne Ende – das ewige Leben in der Gemeinschaft mit Gott. Wenn das kein Grund zur Freude ist!

In vielen Gegenden trifft man in der Karnevalszeit daher auf ganz besondere Gottesdienste, in denen die karnevalistisch begeisterten Menschen gemeinsam Eucharistie feiern und Dank sagen für die Freude.

Es mag auf den ersten Blick befremdlich wirken, wenn die Kirche mit Luftschlangen geschmückt ist, der Priester eine Predigt in Reimform hält und im Gottesdienst gelacht werden darf und soll. Aber es zeigt mir, dass viele Jecken durchaus einen Sinn dafür haben, woher die Freude kommt, die sie in der fünften Jahreszeit ganz besonders verspüren. Es ist nicht nur das kurze Lachen über einen Witz – durch die Menschwerdung Gottes gibt es tiefen Grund zur Freude.

Bild: Adobe Stock @haidamac

Die irdischen Freuden in der Karnevalszeit kann man als Vorboten der wahren Freude ansehen – als Vorgeschmack auf das, was uns Christen versprochen ist: Freude, die alles Bisherige übersteigt. Eine vollkommene Freude. Eine himmlische Freude. Eine „Überfreude“, wie Meister Eckhart sagt. Auf unserem geistlichen Weg sind wir gerufen, diese wahre Freude zu suchen und ihrer Spur weiter zu folgen. Wir sollen von einer Freude in die andere gehen – von der weltlichen in die himmlische. Von der Karnevalsfreude in die Osterfreude.

Erstere lässt sich vielleicht noch organisieren, letztere können wir nur mit offenen Herzen empfangen.

So schließen sich Karneval, Kirche und Fastenzeit nicht aus, sondern gehören für mich zusammen. Zwar sind die 40 Tage der Fastenzeit nicht bekannt als Tage übersprudelnder Freude. Aber sie dienen der Vorbereitung, um dann bereit zu sein für die große Freude über die Auferstehung Christi. Denn wer die ganze Zeit ein Freuden- und Feierlevel halten will, dem geht irgendwann die Puste aus, und er stumpft ab.

Stattdessen bietet die Fastenzeit die Möglichkeit, sich zu besinnen und nach dem tiefen Grund zu suchen, auf dem das eigene Leben steht.

Das kann hilfreich sein, um wirklich und von Herzen am Ostermorgen ins Osterhalleluja einzustimmen. Es macht deutlich, dass mit der Auferstehung der Sieg über den Tod errungen ist. Christen haben deswegen allen Grund zum Lachen und zur Freude.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen eine fröhliche Karnevalszeit und eine fruchtbare und gnadenreiche Fastenzeit

Ihr

Kaplan Sven G. Merten