St. Bonifatius Wiesbaden

An Weihnachten feiern wir, dass Gott sich gezeigt hat

GemeindebriefAutor
Pfarrer Klaus Nebel

Pfarrer Klaus Nebel

Vor einigen Jahren habe ich in einer Ausstellung im Museum etwas Eigenartiges gesehen: Dort hing ein großer und schöner Rahmen, aber es war kein Bild darin. Neben dem Rahmen war – wie bei allen anderen Kunstwerken – der Name des Künstlers angegeben.

Ein Rahmen ohne Bild! Da gibt es eigentlich nichts zu sehen. Viel Drumherum, aber kein Inhalt. Wertvoll vielleicht sogar – aber ohne eigentliche Aussage? Dabei kommt es doch eigentlich auf das Bild selbst an. Freilich macht sich jeder an dieser Stelle so seine Gedanken. Welches Bild hätte da wohl reingepasst?

Wir gehen auf Weihnachten zu. Und Weihnachten bedeutet auch immer, von Gott zu sprechen. Über Gott aber gibt es so viele Vorstellungen, so viele Bilder in unseren Köpfen.

In der Bibel aber finden wir in den zehn Geboten die Weisung: Du sollst dir kein Bildnis machen von Gott. Das meint freilich zunächst, dass wir Menschen nicht ein selbsterschaffenes Kunstwerk für Gott halten sollen. Aber diese Weisung aus den zehn Geboten möchte auch, dass wir uns nicht falsche Vorstellungen von Gott machen oder unsere eigenen Ideen schon für Gott halten. Aber ist der Glaube dann tatsächlich ein großer schöner Rahmen, in dem es nichts zu sehen gibt, ohne Bild, ohne Vorstellung von Gott?

Die Weisung aus den zehn Geboten meint viel mehr: Wir sollen still werden und offen dafür sein, dass Gott sich uns selbst zeigt, dass er uns sein Bild schenkt. Wenn er sich uns selbst zeigt, dann wissen wir, wer er ist. Auch wenn Gott dann doch immer über unser Denken und unsere Vorstellungskraft geht. Kein Rahmen könnte ihn fassen.

An Weihnachten feiern wir, dass Gott sich gezeigt hat und zeigt. Und wie zeigt er sich? Als ein Kind in der Krippe – klein und schwach, wehrlos und verletzlich, allen Gefahren des Lebens ausgesetzt, von Hunger und Kälte, ja vom Tod bedroht. Der Weg dieses Kindes geht von der Krippe zum Kreuz, vom Kreuz zur Auferstehung. Hier hat sich wirklich Gott gezeigt. Hier hat er gezeigt, wer er ist: Er liefert sich uns aus. Er schenkt sich uns hin. Er gibt alles – er gibt sich. In diesem Schenken sehen wir, wer Gott ist: Er ist die Liebe. Er ist das Leben.

Der Blick auf das Bild von der Krippe zeigt uns genau dies. Gott schenkt sich uns. Und hier kommt es tatsächlich auf das Bild an und nicht auf den Rahmen. Es scheint freilich heute vielfach so zu sein, dass Weihnachten für viele auch ein dicker Rahmen ohne Bild ist. Ein Fest mit viel Drumherum, mit Gebäck und Geschenken, Lebkuchen und Glühwein, und und und… Und das Eigentliche geht unter. Für den Eigentlichen ist kein Platz.

Achten wir mal nicht so sehr auf den Rahmen. Achten wir auf das Bild! Nehmen wir an Weihnachten das Bild von dem Kind in der Krippe in uns auf. Es ist das Bild von der Hingabe. Es ist das Bild von der Liebe. Es ist das Bild Gottes. Es sagt uns: In diesem Kind ist wirklich Gott Mensch geworden und zu uns gekommen.

So wünsche ich Ihnen allen auch im Namen unseres Pastoralteams einen ruhigen Advent und ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest.

Klaus Nebel, Pfarrer