St. Bonifatius Wiesbaden

St. Andreas und Diebougou

Aus dem Leben der PfarreiAutor

Seit 1969 werden auf Initiative des ehemaligen Gemeindeleiters Pfarrer Bardenhewer und Bischof Monseigneur Jean Baptiste Somé freundschaftliche Beziehungen in kirchlicher Gemeinschaft zwischen der Pfarrei St. Andreas und der Diözese Diébougou im Südwesten von Burkina Faso unterhalten. 

Die Diözese Diebougou begann unter sehr ungünstigen äußeren Bedingungen. Der damalige Bischof Jean Baptiste Somé stand anfangs buchstäblich mit leeren Händen da. Zunächst half die damalige Pfarrei St. Andreas mit den allernotwendigsten Dingen, z. B.  beim Brunnenbau und beim Kauf von Ackergeräten und Fahrzeugen.

Heute hilft St. Andreas, jetzt ein Kirchort in der neuen Pfarrei St. Bonifatius, Bischof Raphael Dabiré und den in seiner Diözese tätigen afrikanischen Ordensschwestern, die alltäglichen Probleme zu bewältigen. Die Leitung der Diözese Diébougou ist mit den lebenswichtigen Bedürfnissen ihrer Gläubigen unmittelbar konfrontiert, denn der Großteil der Bevölkerung ist vollständig abhängig von landwirtschaftlicher Eigenproduktion. Gerade dieser Bereich kämpft derzeit mit großen Schwierigkeiten wie Missernten und Ernteausfällen durch Klimaveränderungen.

Unsere Gemeinde unterstützt die Diözese finanziell, dabei gibt es drei Schwerpunkte: die im sozialen Bereich tätigen Ordensschwestern, den Bischof in seinen pastoralen Aufgaben unterstützen, und seit 2004 das Projekt "Schulkantine“. Zur Finanzierung dieser Aktivitäten trägt neben den Spenden der Gemeindemitglieder auch der Erlös des Gemeindefestes in St. Andreas ganz wesentlich bei. Seit Mitte der 1970er Jahre konnte unsere Gemeinde so ungefähr 75% der jährlichen Unterhaltskosten für die afrikanischen Ordensschwestern in der Diözese Diébougou übernehmen.

Es gibt in der Diözese nur regionale Orden mit kleinen selbständigen Gruppen mit vier bis sechs Schwestern. Sie verrichten Sozialarbeit und leisten Lebens- bzw. Überlebenshilfe für Menschen vor Ort. Hilfe, die der Staat nicht gibt, wie zum Beispiel Betreuung von Behinderten, von Waisen, Ausbildung speziell von Mädchen (z.B. als Schneiderin), Leitung kirchlicher Gruppen (z.B. Frauengruppen zur Stärkung der Eigeninitiativen). 

Ein für St. Andreas erfreuliches Datum war der 24. Februar 2014: vor 10 Jahren wurde das Projekt „Schulkantine“ eingeweiht. Mittlerweile hat sich der Betrieb dieser Mensa eingespielt, 80 bis 90 Schulkinder bekommen seit 2004 während der Schulzeit ein regelmäßiges Mittagessen. Hier essen Schüler aus allen Schulen, nicht nur aus den christlichen. Der Bau und jährliche Unterhalt der Kantine wurden und werden durch Spenden von Gemeindemitgliedern aus St. Andreas ermöglicht. Vor der Einrichtung der Kantine gab es für viele Schüler keine Möglichkeit mittags etwas zu essen, denn der oft weite Weg nach Hause lohnte sich wegen des Nachmittagsunterrichts nicht. 

Im August 2013 wurde auf dem Gelände der Kantine auch ein 62 Meter tiefer Brunnen mit Hochbehälter fertiggestellt. Er liefert Trinkwasser, auch für die ganzjährige Bewässerung eines neu angelegten Gemüsegartens, deren Ertrag der Schulkantine zugute kommt. Wir sind sehr froh, dass sich dieses Projekt im Laufe der Jahre so gut entwickelt hat.

Vor dem Hintergrund steigender Preise für Lebensmittel ist die Einrichtung der Schulkantine auch eine Entlastung der Familien. Reis kostet in Diébougou ca. 40 EUR/50Kg. In einem Land mit niedrigen Grundeinkommen ist das schon ein kleines Vermögen.

Bischof Raphael sagte uns, er sähe in der Schulkantine eine passende Möglichkeit, die Katholische Kirche in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Er leitet die Diözese seit 2006. Seinen Leitspruch „Steh auf und geh!“, in Anlehnung an das Evangelium des vor dem Tempel geheilten Gelähmten (Apg 14,8-10), sieht er als Ermutigung zur Eigeninitiative der Menschen in seiner Diözese. Bei unserem letzten Besuch in Diébougou Ende 2013 erzählte er uns, dass ein aktueller Schwerpunkt seiner Tätigkeit das Projekt „Neuevangelisierung“ sei, das auf der Synode in Rom im Oktober 2012 beschlossen wurde.  

Die Umsetzung des Projektes gelingt durch das Programm „visite pastorale“, in dem der Bischof alle Pfarreien seiner Diözese innerhalb von zwei Jahren besucht.
Besuche in unserer afrikanischen Partnerdiözese sind immer ein Eintauchen in eine andere Welt: die Herzlichkeit der Menschen, ihr Lebenswille aller täglichen enormen Widrigkeiten zum Trotz, ihre Improvisationskunst Mängel zu überbrücken, aber auch deren entspanntes Verhältnis zur Zeit hinterlassen jedesmal einen bleibenden Eindruck. So lebt man gut mit der Einstellung: Es gibt doch genug Zeit, und jeden Tag kommt neue dazu!

Rainer Lemberg