St. Bonifatius Wiesbaden

Frieden kann man nicht sichern, man muss ihn wagen

Aus dem Leben der PfarreiAutor

Pfarrer Geoffrey Myers und Kaplan Radoslaw Lydkowski gedenken gemeinsam dem Ausbruch des zweiten Weltkriegs vor 75 Jahren.

Friedensgebet in der Marktkirche. Pastor Jeffrey Myers (Links), Oberbürgermeister Sven Gerich (Mitte), Kaplan Radoslaw Lydkowski (Rechts).

WIESBADEN, 1. September 2014 – Vor der evangelischen Marktkirche haben sich am Abend rund 40 Menschen versammelt, um gemeinsam zu beten. Anlass war der 75. Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen, mit dem der Anfang des Zweiten Weltkriegs verbunden wird. Kaplan Radoslaw Lydkowski, selbst Pole und Stadtkirchenpfarrer Jeffrey Myers, Amerikaner, beteten gemeinsam mit dem Wiesbadener Oberbürgermeister Sven Gerich. Ihr Anliegen galt besonders den Menschen, die in diesem Konflikt ihr Leben gelassen haben oder bis heute unter dem Trauma des Krieges leiden. „Wir gedenken auch der Täter, der Schuld derer, die im Größenwahn die Welt  mit Krieg überzogen und darüber auch ihr eigenes Land zugrunde gerichtet haben“  Beide stellten aber auch den Bezug her zu den aktuellen Konflikten, die nur wenige Flugstunden entfernt statt finden. Das Ringen um den Frieden fand dabei besonders treffend in den Worten Dietrich Bonhoeffers Ausdruck:

„Es gibt keinen Weg zum Frieden auf dem Weg der Sicherheit.
Denn Friede muss gewagt werden, ist das eine große Wagnis und lässt sich nie und nimmer sichern. Friede ist das Gegenteil von Sicherung....
Friede heißt, sich gänzlich ausliefern dem Gebot Gottes, keine Sicherheit wollen, sondern im Glauben und Gehorsam dem allmächtigen Gott die Geschichte der Völker in die Hand legen und nicht selbstsüchtig über sie verfügen wollen.“

Der Oberbürgermeister bat in seiner Fürbitte um Frieden, für den Gott stehe. „Stärke alle, die sich für Frieden in der Welt einsetzen, auch hier in Wiesbaden“, betete Gerich. Nach dem Gedenken zündeten die Gottesdienstbesucher an der im Altarraum stehenden „Hoffnungsglocke“, wie Myers sagte, Kerzen an und stellten sie vor dem Altar ab. 

Kaplan Lydkowski wies noch einmal darauf hin, wie wir heute die Kriege in der Welt wahrnehmen. „Wenn wir im Internet unterwegs sind, dann sehen wir viele Zahlen und Statistiken. Doch hinter jeder Zahl steckt ein Schicksal.“ Im Gespräch nach dem Gebet erklärte er, dass viele der Menschen, die er in diesen Tagen beerdigt habe, Vertriebene aus dem heutigen Polen und Tschechien sind, die ganz schreckliche Geschichten erlebt hätten. 

Oberbürgermeister Gerich sagte nach dem Friedensgebet: „Das war ein ausgesprochen schöner, durchaus auch an der einen oder anderen Stelle nachdenklicher und bewegender Gottesdienst. Es hat mich sehr gefreut ein Teil davon gewesen sein zu dürfen. Bei uns in der Familie ist über den Ausbruch und den Hergang des Zweiten Weltkrieges eigentlich wenig gesprochen worden. … Eigentlich hätte die ganze Welt in dieser Kirche sein müssen. Vielleicht wäre sie dann auch etwas friedlicher.“

Referent für Öffentlichkeitsarbeit Katholische Stadtkirche,
Dr. Roger Töpelmann, Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Evangelisches Dekanat Wiesbaden