St. Bonifatius Wiesbaden

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1968 – 2018: 50 Jahre St. Mauritius

Gemeindebrief, Gottesdienste, Musik Kultur KirchePhilippe Jaeck

„Eingeladen zum Fest des Glaubens“

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Die St. Mauritiuskirche fügt sich ein in den Reigen der neu erbauten katholischen Kirchen in Wiesbaden nach dem 2. Weltkrieg. Von der Stadt aus gesehen liegt sie leicht versteckt im Komponistenviertel oberhalb des Kurhauses. Ihre besondere Bedeutung für die Stadt erhält sie durch ihren Kirchenpatron, den heiligen Mauritius. Er war seit dem Mittelalter Patron der Kirche in der Mitte der Stadt, bis sie 1855 bis auf die Grundmauern abbrannte und der leere Mauritiusplatz übrigblieb. Nach gut 100 Jahren wurde mit der neuen Kirche im Nordosten Wiesbadens das Patrozinium des hl. Mauritius in der Stadt wieder aufgenommen.

Wer war Mauritius, und was hat er uns heute zu sagen? Eine Antwort gibt Bischofsvikar Walter Kampe in seiner Predigt, die er im Festgottesdienst zur Weihe der Kirche 1968 vor 50 Jahren hielt. Da sie bis heute nichts von ihrer Aktualität eingebüßt hat, wollen wir sie aus Anlass unseres Jubiläums in Auszügen abdrucken.

„Liebe Mauritiusgemeinde,

Wie lange liegt dieses Blutzeugnis des hl. Mauritius und seiner Gefährten aus der thebäischen Legion nun schon zurück! Und doch wie lebendig und zeitgemäß ist es! Ja, man könnte es sich gar nicht aktueller denken. Da sind Soldaten, die um ihrer Überzeugung, um ihres Glaubens willen den Gehorsam verweigern und dafür in einer brutalen Weise hingerichtet werden. Es ist ja noch nicht allzu lange her, dass wir solche Dinge in unserer eigenen Gegenwart erleben mussten. Wir denken an Viele, die in ähnlicher Gewissensentscheidung gestanden haben in den Stürmen des Krieges, in den KZs und bei all den vielen Polizeimaßnahmen, die wir erlebt haben. Aber wir brauchen gar nicht so weit zurückzuschauen, wir denken an die unmittelbare Gegenwart, an das, was heute in der Tschechoslowakei und in vielen anderen Ländern, in Afrika, in Asien und in Amerika geschieht. Dieses Zeugnis eines hl. Mauritius, das die Jahrhunderte und ein Jahrtausend überstanden hat, ist so lebendig, wie nur irgend möglich und steht darum als ein Anruf an unser eigenes Gewissen vor uns. Sind wir bereit und fähig, standhaft da zu stehen, wenn es einmal von uns gefordert werden müsste um unseres Glaubens, um unseres Gewissens willen?

Und noch etwas anderes: Das fromme Mittelalter hat Mauritius immer als den „Mohren“ dargestellt. Wir hörten am vergangenen Sonntag in der Paulskirche die Rede eines afrikanischen Staatspräsidenten, der nicht nur Staatsmann, sondern auch Dichter und Schriftsteller ist. Er stellte kurz dar, wie die uralte afrikanische Kultur durch das Niltal, also durch Oberägypten über Theben eine Verbindung zur mediterranen Kultur, damit auch zur Kultur der Antike und zur Kultur Europas schuf. In einer Zeit, die auseinandergerissen wird von Rassengegensätzen, in einer Zeit, die nur mit angehaltenem Atem und mit großer Furcht erwarten kann, wie diese Spannungen zwischen Schwarz und Weiß, zwischen Nord und Süd, zwischen den reichen und den armen Ländern und Völkern einmal in einer Explosion sich entladen könnte, ist diese Toleranz des Mittelalters, das einen Schwarzen auf die Altäre in ganz Europa erhoben hat, bewundernswert.

Wenn auch Mauritius kaum ein Schwarzer im eigentlichen Sinne gewesen ist, da er aus der ägyptischen Landschaft stammte, so hat doch das Mittelalter sich damit zu einer Einheit des Glaubens bekannt über alle Grenzen hinweg, die zwischen Menschen aufgerichtet sind. Ist das nicht auch ein Zeugnis und ein Anruf für unsere Zeit? Was könnte die Gemeinde durch personellen Einsatz für die Menschen, die aus den fernen Ländern heute zu uns strömen, tun? Durch solche Taten muss unser Christentum glaubwürdig werden vor der Welt.

Ihr Bischofsvikar Walter Kampe“

(Text erschienen im Mitteilungsblatt der Mauritiusgemeinde, Nr. 9, November 1968)

Eindringlicher könnte die Botschaft an uns nicht sein. Mit der Aufnahme syrischer Flüchtlinge und der Abhaltung unserer Mahnwachen für verfolgte Glaubensgeschwister sind wir ein kleines Stück des Weges gegangen.

Wie sagt man so schön: Freud und Leid sind eng beieinander. Deshalb wenden wir uns zum Schluss der Freude zu und möchten Sie ganz herzlich zu unserem Jubiläumsfest am 23. September 2018 nach St. Mauritius einladen. Wir beginnen mit dem Festgottesdienst um 9:30 Uhr.

Hedi Seidler