St. Bonifatius Wiesbaden

Gottesdienste

St. Martin und das Schnattern der Gänse

Gottesdienste, Jugendliche, Kinder Familie MinisPhilippe Jaeck

Oder warum man sich vor der Berufung nicht verstecken kann

Um den 11. November herum sieht man sie wieder, die Martinsumzüge mit Pferd und Blaskapelle in der Stadt. Und vor allem mit vielen, vielen Kindern, die mit ihren Laternen die Dunkelheit erhellen und singen mit großer Begeisterung

St. Martin, St. Martin, St. Martin ritt durch Schnee und Wind

Die eine Hälfte der Legende des Heiligen Martin kennen fast alle: Mit 15 Jahren tritt er in das römische Heer ein und trifft wenige Jahre später gemeinsam mit anderen Soldaten am Stadttor von Reims auf einen fast unbekleideten Bettler. Während sich die anderen Soldaten trotz des eisigen Winters nicht vom Schicksal des Frierenden berühren lassen, will Martin unbedingt helfen. Und da er außer seiner Uniform und seinem Schwert nichts bei sich hat, teilt er kurzerhand seinen Mantel in zwei Stücke und gibt eines davon dem Bettler. Die anderen Soldaten spotten über ihn, aber Martin ist sich sicher, das Richtige getan zu haben. Dies wird ihm auch in der Nacht bestätigt, als ihm Jesus im Traum erscheint und ihm für die Tat dankt. Von da an ist das Leben des Martin ganz vom christlichen Glauben geprägt, er lässt sich taufen und tritt, sobald das möglich ist, aus dem Militär aus. Er wird Priester, Einsiedler und gründet das erste Kloster des Abendlandes, auf das bald ein zweites folgt. Er wird als Ratgeber und Nothelfer bekannt und so werden sich die Menschen schnell einig, dass der neue Bischof Martin sein solle.

Und hier setzt die zweite Hälfte, die weniger bekannte, der Legende an: Aus Bescheidenheit und aus Respekt vor dem hohen Amt soll er sich in einem Gänsestall versteckt haben, doch das Geschnatter verrät ihn. So wird er noch am gleichen Tag, am 4. Juli 372, zum Bischof von Tours geweiht.

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Anders als die Legende mit den Gänsen sagt der Biograf von Martin, Sulpicius Severus, einiges über den Charakter des Martin: Als er zum Bischof gewählt werden soll, hält er sich versteckt. Doch die Bürger von Tours helfen sich mit einer List: Sie schicken Rusticus zu ihm, der weiß, wo ihr Kandidat zu finden ist. Dieser erzählt Martin von seiner sterbenskranken Frau und dass diese noch einmal mit ihm sprechen möchte. Martin überlegt nicht lange und verlässt sein Versteck, um zu helfen. Prompt haben ihn die Bürger wieder und er wird zum Bischof gewählt.

So oder so, wie bei vielen Berufungsgeschichten, ist es auch bei Martin so, dass er zunächst der Berufung aus dem Weg geht, sie nicht annehmen will, sich vor ihr versteckt. Doch am Ende kann keiner, auch der heilige Martin nicht, vor seiner eigenen Berufung fliehen. Irgendwann holt Gott uns damit ein.

Auch wir gedenken des heiligen Martin mit den Gottesdiensten an unseren Kirchorten mit unseren Kindertagesstätten.

Carolin Enenkel, Gemeindereferentin
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